Überwachung der Medikamenteneinnahme zu Hause
Körperliche Reaktionen auf ein spezifisches Medikament sind meist leicht abweichend, da auch der Stoffwechsel nicht bei allen Menschen gleich ist. Obwohl die Einnahme der meisten Medikamente nicht individuell überwacht werden muss, ist eine Medikamentenspiegelbestimmung (therapeutisches Drug-Monitoring, TDM) bei engem therapeutischem Fenster lebenswichtig. „Wenn etwa leukämiekranke Kinder das Medikament MTX erhalten, ist eine Medikamentenüberwachung unerlässlich. Wegen der hohen Dosierung und möglichen toxischen Nebenwirkungen des Wirkstoffs muss eine Laborüberwachung erfolgen“, sagt Anja Boisen, leitende Forscherin des Projekts THERA, das von der Technischen Universität Dänemark koordiniert und vom Europäischen Forschungsrat finanziert wurde. So können viele Menschen, denen das Medikament helfen würde, es nicht bekommen, da erforderliche Testeinrichtungen fehlen. „Selbst wenn eine Überwachung etwa per ELISA-Test möglich ist, wäre eine personalisierte und individuelle Kontrolle deutlich vorteilhafter“, fügt sie hinzu. Und hier setzt die Arbeit des Projekts THERA an.
Zuverlässige mobile Medikamentenüberwachung
THERA platziert eine sehr empfindliche Raman-Spektroskopie surface-enhanced Raman spectroscopy (SERS) auf ein Lab-on-a-Chip-System. Damit passt ein sehr genaues Werkzeug in ein kleines Paket: ein Tischgerät, das eine Medikamentenüberwachung in wenigen Minuten aus einem einzelnen Blutstropfen ermöglicht. „Hierfür wird kein spezialisiertes Personal benötigt, und auch die Kosten betragen nur noch einen Bruchteil herkömmlicher Überwachungsmethoden“, erläutert Boisen. Auf der nanostrukturierten SERS-Oberfläche wird eine gefilterte Blutprobe platziert, die dann mittels optischer Technik chemisch analysiert wird und sämtliche Komponenten im Blut anzeigt. „Künftig könnte so die Medikation eigenständig zu Hause überwacht und damit der Krankenhausaufenthalt verkürzt werden, was die Lebensqualität deutlich verbessern und auch Kosten reduzieren dürfte“, erklärt sie. Das wäre ein enormer Fortschritt gegenüber bisheriger Methoden zur Medikationsüberwachung wie Hochleistungsflüssigkeitschromatographie, Massenspektrometrie und ELISA-Tests. Hierfür waren bislang immer Labortechnik und geschultes technisches Personal erforderlich. Allerdings sind diese Methoden gängig, sodass innovative Ansätze im etablierten Markt schwerer umzusetzen sind.
Von der innovativen Idee zur praktischen Umsetzung
Das Team belegte bereits die Nachweisgrenze des Systems mit 0,1 μM bei „reinen, künstlichen Proben“ – also Laborproben, die immer gleich sind. „Bei Patientenproben hingegen sind alle Proben patientenspezifisch und enthalten demnach unterschiedliche Wirkstoffanteile, sodass mehr Kontrollen durchgeführt werden müssen. Insgesamt ist hier die Variabilität deutlich höher“, bemerkt Boisen. Die Arbeit daran hat nun begonnen, indem das Projekt Patientenproben aus dem Kopenhagener Universitätsklinikum testete. Mit Fördermitteln des BioInnovation-Instituts in Dänemark verfügt das Team über die nötige Finanzierung, um auf der Unterstützung der EU im Rahmen von THERA aufzubauen. Der Erfolg bei der Identifizierung des Zielkonzentrationsbereichs im Blut beruhte auf mehr als 10 Jahren Hintergrundforschung zu SERS und zentrifugaler Mikrofluidik – und nicht zuletzt auf starker Teamarbeit. „Ich bin sehr stolz auf die hervorragende Zusammenarbeit in der Arbeitsgruppe und die Kreativität, der wir den jetzigen Erfolg verdanken. Kombiniert wurden dafür Kompetenzen und Expertise aus Fachbereichen wie Optik, Oberflächenchemie, Elektrochemie, Maschinenbau, KI und Medizin.“ Boisen sieht die Zukunft optimistisch: „Mit den BII-Fördermitteln können wir unsere Forschung fortführen und entwickeln derzeit einen zweiten Prototypen mit erweiterter Nutzbarkeit. In etwa 18 Monaten planen wir eine Unternehmensgründung.“
Schlüsselbegriffe
THERA, Medikamentenüberwachung, oberflächenverstärkte Raman-Spektroskopie, SERS