Verkehrsbedingtes Erderwärmungspotenzial durch kosteneffiziente Biokraftstoffproduktion drastisch reduzieren
Der Verkehr trägt in hohem Maße zu den Treibhausgasemissionen bei. Direkt aus lebender Materie wie etwa land- und forstwirtschaftlichen Reststoffen und Abfällen gewonnene fortgeschrittene Biokraftstoffe nehmen in der CO2-armen Energielandschaft Europas eine Schlüsselstellung ein. Ihre Verbrennung kann die Treibhausgasemissionen um über 80 % senken, sie können auf nachhaltige Weise aus Abfällen hergestellt werden und unsere Energieversorgungssicherheit verbessern. Das vom Technischen Forschungszentrum Finnland VTT koordinierte EU-finanzierte Projekt COMSYN zielt darauf ab, die Einführung von Technologien zur Umwandlung von Biomasse in Biokraftstoffe zu fördern.
Flexible Ausgangsstoffe und Primärumwandlung in kleinem Maßstab
Eine Schlüsselkomponente des Konzepts von COMSYN stellt die lokale, kleinmaßstäbliche Umwandlung von Biomasserohstoff in Biorohöl dar. Zu den kompatiblen Ausgangsstoffen gehören Abbruchholz, Holzabfall aus der Forstwirtschaft, Nebenprodukte der holzverarbeitenden Industrie und Stroh. „Der kleinere Maßstab senkt die Investitionskosten erheblich, was wiederum das Investitionsrisiko verringert und das Konzept attraktiver gestaltet. Die Flexibilität der Biomasse minimiert die mit dem Nahrungspflanzenanbau verbundenen jahreszeitlichen Auswirkungen und die Primärumwandlungsanlagen können somit in ganz Europa platziert werden, was die Energieversorgungssicherheit erhöht“, betont Johanna Kihlman, leitende Wissenschaftlerin und COMSYN-Projektkoordinatorin.
Vereinfachte Synthesegasreinigung und intensivierte Biorohölerzeugung
Das bei der Biomassevergasung erzeugte Synthesegas muss gründlich gereinigt werden, um Verunreinigungen zu entfernen, bevor es in den Fischer-Tropsch-Synthesereaktor geleitet wird. Dort entstehen durch Rekombinationsreaktionen Kohlenwasserstoffe, die zu fahrzeugmotorentauglichem Kraftstoff weiterverarbeitet werden. COMSYN vereinfachte den Reinigungsprozess, wodurch die damit verbundenen Kosten deutlich gesenkt werden konnten. Bei der Fischer-Tropsch-Synthese steigerte das Forschungsteam durch Prozessintensivierung die Ausbeute. Dadurch sinken auch die Kosten des Endprodukts. Die Prognose der Produktionsrate eines großtechnischen Reaktors liegt bei 20 Barrel pro Tag, was einer fast einhundertfachen Steigerung des Ausgangswerts von 0,25 Barrel pro Tag entspricht. Es können mehrere intensivierte modulare Reaktoren gemeinsam zum Einsatz kommen, um die Produktion weiter zu steigern. Das von COMSYN entwickelte Primärumwandlungsverfahren wurde am VTT erprobt. Die Ergebnisse der Pilotkampagnen dienten der Erstellung von Fallstudien für Nord- und Mitteleuropa. Die technisch-wirtschaftlichen Kennzahlen potenzieller Standorte wurden unter Berücksichtigung folgender Optionen analysiert: Einbindung in die Industrie vor Ort einschließlich Zellstoff- und Sägewerk; verschiedene Ausgangsstoffe wie Holz, forstwirtschaftliche Reststoffe und Nebenprodukte sowie Stroh; und Energieintegration in Form von Strom, Fernwärme und Vor-Ort-Verbrauch von Strom und Dampf.
Vom Biorohöl zum funktionalen Kraftstoff: Chance auf erheblich reduzierte Erderwärmung
„Innerhalb der ersten zwei Jahre wurde unsere Ultragasreinigungseinheit vom Labor- in den Pilotmaßstab überführt: Wir bauten die neue Einheit in die Pilot-Vergasungsanlagen ein und integrierten den Vergasungs- und Gasreinigungsprozess in die Fischer-Tropsch-Syntheseanlage“, erläutert Kihlman. Dieser bemerkenswerte technische Erfolg war die Voraussetzung dafür, dass das Biorohölprodukt in Raffinerien zu Mischkraftstoffen aus Diesel und Benzin aufbereitet, die Funktionalität der Biokraftstoffe überprüft und eine technisch-wirtschaftliche Analyse erstellt werden konnte. „Für den Durchschnittsmenschen besteht das Dilemma seines Verbrauchs oft darin, wie er seinen persönlichen CO2-Fußabdruck ohne zusätzliche Kosten und/oder Änderungen im persönlichen Lebensstil verkleinern kann. Der mithilfe der COMSYN-Technologie hergestellte Mix aus Biodiesel und Biobenzin ist für normale Fahrzeugmotoren geeignet, ohne dass übermäßige Kosten anfallen. Technologien wie die von COMSYN erleichtern den Übergang zu einem CO2-neutralen Europa“, schließt Kihlman ihre Ausführungen. Die Ergebnisse der technisch-wirtschaftlichen Bewertung und der Lebenszyklusanalyse weisen eine beeindruckende Senkung des Erderwärmungspotenzials (basierend auf den Treibhausgasemissionen) um mehr als 80 % nach.
Schlüsselbegriffe
COMSYN, Biocrudeöl, Biorohöl, Biomasse, Biokraftstoffe, Vergasung, Transport, Verkehr, Fischer-Tropsch-Synthese, Prozessintensivierung, Erderwärmung