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Transitions in Rheology and Volatile Dynamics of Magmas: Mapping the Window to Explosive Volcanism

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Erkenntnisse über vulkanisches Verhalten ermöglichen bessere Prognosen

Der jüngste Vulkanausbruch auf La Palma hat noch einmal gezeigt, wie wenig über die Magmabewegungen innerhalb der Erdkruste bekannt ist. DYNAVOLC liefert – zum Teil weltweit noch nie erhobene – Daten über Veränderungen in den Fließeigenschaften des Magmas, die bereits bei der Modellierung zum Einsatz kommen und die Vorhersagen verbessern werden.

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Ein Vulkan bricht aus, wenn das geschmolzene Magma einen thermodynamisch instabilen Zustand erreicht und dadurch Konsistenz und Fließverhalten verändert. Diese Veränderungen werden als „rheologische Übergangszonen“ bezeichnet. Wie ein kohlensäurehaltiges Getränk aus der vorher geschüttelten Dose schießt, so schäumt auch Magma auf, wenn seine instabilen Komponenten (hauptsächlich Wasser, Kohlendioxid und Schwefeldioxid) verschwinden. Wenn es die Oberfläche erreicht und sich abkühlt, kristallisiert das Magma, wird zähflüssiger und schließlich so fest, dass es nicht mehr fließt. Dieses Wissen reicht allerdings nicht aus, um das wahrscheinliche Aktivitätsverhalten zu modellieren. Das Projekt DYNAVOLC hat nun Methoden entwickelt, um die ersten rheologischen Landkarten zu erstellen, in denen die Fließeigenschaften der Lava unter realen Bedingungen abgebildet sind. Das von den Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen unterstützte Projekt wird Ergebnisse vorlegen, die in numerische Modelle eingehen und dort zu genaueren Vorhersagen der vulkanischen Aktivität beitragen. „Unsere Erkenntnisse über die Kinetik in den ‚Übergangszonen‘ des Magma können die Gefahrenprognostik verbessern, aber auch in die Entwicklung neuer Fertigungsprozesse einfließen“, sagt Stephan Kolzenburg, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Ludwig-Maximilians-Universität München, an der das Projekt angesiedelt ist. Die Projektergebnisse wurden bereits veröffentlicht und werden nach und nach von Katastrophenschutzbehörden, wie beispielsweise dem Nationalen Institut für Geophysik und Vulkanologie (Webseite nur italienisch) in Italien, übernommen. Außerdem haben die Ergebnisse von DYNAVOLC weltweit neue Forschungsvorhaben angestoßen.

Magmatische „Übergangszonen“

DYNAVOLC hat sich auf zwei kritische Übergangszonen des Magma konzentriert: Kristallisation in Basalt, bei der sich die Lava beim Fließen über die Erdoberfläche verfestigt; und Aufschäumen (Vesikulation) von vulkanischem Gestein, das als Rhyolith bezeichnet wird. „Wir wollten die Veränderungen in den Eigenschaften natürlicher Proben bei vulkanischen Bedingungen, wenn also unter sehr hohen Temperaturen Flüssiggestein herausgepresst und verdreht wird, untersuchen – ingenieurstechnisch eine Herausforderung“, erklärt Kolzenburg. Um die geschmolzenen Proben bei Temperaturen von 600 bis 1 500 °C überwachen zu können, verwendete das Team Behälter mit Platin-Rhodium-Legierung und Hochtemperatur-Keramik, die zum Großteil speziell für das Projekt gefertigt worden waren. Die ersten Messungen der Kristallisation der Basaltschmelze wurden unter realistischen Lavaströmungsbedingungen durchgeführt. Im Experiment mussten in einer sauerstoffarmen Atmosphäre äußerst sensitive Drehmomentsmessungen durchgeführt werden. Denn unter solchen Bedingungen bricht Lava aus der Erde aus. Um die Abkühlung der Lava nachzuahmen, wurde die Messung unter konstantem Wärmeverlust weitergeführt. Aus den Daten wurde ein numerisches Tool entwickelt, dass vorhersagen kann, ab welchem Punkt die Lava nicht mehr weiterfließt. Im Rahmen der Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 wurden die Labore geschlossen, in denen die Vesikulationskinetik der rhyolitischen Lava untersucht werden sollte. Also hat Kolzenburg improvisiert. „Wegen COVID musste ich kreativ werden. Ich habe die Projektressourcen genutzt, aber auch mein Knowhow aus meiner Zeit als Mitarbeiter in einer Fahrradwerkstatt und habe in meiner Garage eine Apparatur aufgebaut“, so Kolzenburg weiter. Vesikulation ist die treibende Kraft hinter explosiven Vulkanausbrüchen, war aber bisher nur in geschlossenen Experimentalumgebungen mit nachträglich ausgewerteten Sensor- oder Kamerabildern untersucht worden. Die Apparatur von Kolzenburg – eine Kamera, die Proben durch ein Quarzglasfenster überwacht – ermöglichte eine Beobachtung in Echtzeit und zwar bei wesentlich höheren Aufheiz- und Abkühlungsraten, als es bisher möglich gewesen war. Der erste Datensatz wurde bereits veröffentlicht.

Weniger Risiken, mehr Anwendungen in der Industrie

In einem Risikobericht hat die Europäische Kommission 2020 die Gefahren durch Vulkanausbrüche anerkannt und hervorgehoben, wie wichtig die Bewertung von Naturgefahren für besseren Katastrophenschutz und genauere Notfallpläne ist. Außerdem sind für die Herstellung von Glasschäumen und Glaskeramiken, die von der Herdplatte bis zu Teleskopspiegeln, von Dichtungen bis zur Isolierung angewendet werden sollen, detaillierte Kenntnisse über die Schmelzdynamik dieser Materialien nötig. Die neuen Erkenntnisse aus DYNAVOLC über die Fließeigenschaften von Silikatschmelzen könnten die industriellen Produktionsprozesse voranbringen. „Wir legen hier den Grundstein für Jahrzehnte weiterer Forschung im weiten Feld der vulkanischen Zusammensetzungen auf der Erde, und sogar auf anderen Planeten. Zwei meiner Studierenden haben bereits mit diesen Arbeiten begonnen“, so Kolzenburg.

Schlüsselbegriffe

DYNAVOLC, Vulkan, La Palma, Eruption, Ausbruch, Magma, Risiko, Gefahr, Geophysik, Vorhersage, Prognose

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