Magnetische Polymere als Werkstoff der Zukunft
Wir benutzen Magneten in unserem Alltag fast täglich. Sie sind fast überall zu finden, verschließen Kühlschranktüren ebenso wie sie Kopfhörer funktionieren lassen. Diese Magneten bestehen jedoch zumeist aus harten, starren Metallen, die sich nicht leicht verformen lasen. „Diese Inflexibilität steht ihrer Anwendung in bestimmten Bereichen im Weg“, erklärt Projektkoordinator Kostas Danas, leitender Wissenschaftler am französischen nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) und außerordentlicher Professor an der École Polytechnique in Frankreich. „Zum Beispiel müssen medizinische Untersuchungsinstrumente, bei denen magnetische Eigenschaften nützlich sein könnten, äußerst flexibel sein, um in die engen Gefäße des Körpers eintreten und in ihnen navigiert werden zu können.“
Eine neue Werkstoffklasse
Was wäre jedoch, wenn magnetische Materialien hergestellt werden könnten, die weich und flexibel genug sind, um sie in komplexe geometrische Formen zu bringen? Genau das war das Ziel des Projekts MAGNETO, das vom Europäischen Forschungsrat (ERC) finanziert wurde. Zu diesem Zweck wurden magnetische Materialien zu einem Pulver zerstoßen, das dann mit verschiedenen Polymeren durchsetzt wurde. Die Idee bestand darin, dass die so gewonnenen Werkstoffe dann weiterverarbeitet werden könnten, sodass das Endprodukt über magnetische Eigenschaften verfügen würde. Dem Projekt MAGNETO gelang ein Durchbruch, zum Teil auch aufgrund des guten Timings. Die Entwicklung fortgeschrittener 3D-Druckverfahren erlaubte Danas und seinem Team, sehr viel komplexere geometrische Formen ins Visier zu nehmen. Diese ersten Prototypen haben einer ganzen Bandbreite potenzieller neuer Anwendungsmöglichkeiten den Weg geebnet, von diagnostischen Hilfsmitteln bis hin zu Anzeigen mit Berührungsbildschirm. So brachte MAGNETO die Entwicklung einer neuen Werkstoffklasse voran, die in den 1980ern noch nicht existierte. „Wir sind nicht die ersten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die dies versucht haben“, merkt Danas an. „Bereits Ende der 1990er-Jahre wurde erste Forschungsarbeit zu diesen Materialien geleistet. Aber da keine vielversprechenden Anwendungen gefunden werden konnten, kam diese Forschung bald zum Erliegen.“
Eine Reihe von Anwendungen
Das Projekt MAGNETO änderte das, obwohl die Materialien so neu sind, dass sie noch nicht auf dem Markt verfügbar sind. Es ist noch weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeit notwendig. Dennoch sieht Danas gewaltiges Potenzial für diese Technologie, vor allem in der Biomedizin. „Diese Werkstoffe könnten in biomedizinischen Geräten wie Kathetern oder Systemen zur Wirkstoffabgabe zum Einsatz kommen“, erklärt er. „Diese Geräte sind dünn sowie flexibel und können in eine Vene eingeführt werden und von einem externen Magneten gesteuert werden.“ Auch für die Arzneimittelabgabe kommen sie infrage. Kleine magnetische Pakete könnten Wirkstoffe auch hier von einem unbedenklichen externen Magnetfeld genau dorthin transportieren, wo sie gebraucht werden. Ein weiterer fortgeschrittener Anwendungsbereich wären fühlbare – bzw. haptische – Geräte für blinde Menschen. Auf einem Flachbildschirm könnte zum Beispiel bei Berührung mit dem Finger ein bestimmtes Menü erscheinen, das erfühlt werden kann und nicht visuell zurate gezogen werden muss. Dies wäre dank magnetischer Polymerwerkstoffe möglich. „Wir stellen zurzeit mit einem 3D-Drucker Materialien für diese Anwendung her“, fügt Danas hinzu. In Zukunft hat Danas vor, sich der Entwicklung immer komplexerer Geometrien zu widmen und den 3D-Druck solcher Werkstoffe noch weiter zu verbessern. „Wir haben bereits enorme Entwicklungen vorangetrieben“, sagt er. „Aber wir sind noch nicht ganz am Ziel. Der 3D-Druck magnetoelastischer Materialien ist immer noch eine Herausforderung, und der Prozess lässt sich mitunter nur schwierig steuern. Daran müssen wir noch weiter arbeiten.“ Dennoch stellt das Projekt einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung dieser hochmodernen Technologie dar. „Die erreichten Ergebnisse belegen, wie wichtig es ist, Grundlagenforschung zu fördern“, sagt er. „Die Finanzhilfe des Europäischen Forschungsrats befähigte uns, akademische Forschung zu betreiben, ohne im Voraus genau zu wissen, welche Arbeitsergebnisse wir am Ende liefern können würden.“
Schlüsselbegriffe
MAGNETO, Magneten, medizinisch, Polymere, geometrisch, 3D-Druck, haptisch