Forschung enthüllt Hinweise zur kosmischen Aura binärer schwarzer Löcher
Schwarze Löcher zählen zu den größten Rätseln des Universums, es ist aber möglich, sie zu erkennen. Sie treten in zahlreichen Formen auf: von schwarzen Löchern in Doppelsternsystemen, die im Grunde tote Relikte massereicher Sterne und etwa zehnmal größer als die Sonne sind, bis zu supermassereichen Exemplaren im Zentrum von Galaxien, eine Million bis eine Milliarde mal größer als unser Stern. Das Gas, welches ein schwarzes Loch umströmt, dient als Reservoir, das mit der Zeit langsam akkretiert und es mit Energie versorgt. Durch die Einwirkung dieser Gravitationskraft bildet sich eine Akkretionsscheibe. „Doppelsternsysteme mit schwarzen Löchern entstehen zwar stets durch den gleichen Akkretionsmechanismus, weisen jedoch eine komplexe Phänomenologie auf, die stark durch das Auftreten verschiedener Akkretionszustände geprägt ist. Diese Zustände könnten in ihrer Luminosität und ihren Spektraleigenschaften erheblich variieren. Möglicherweise besteht auch ein Zusammenhang zur Einleitung der Abgabe ionisierter Materie, also relativistischer Jets und Winde“, erläutert Barbara De Marco, Koordinatorin von BHmapping. Das Projekt wird über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen finanziert. Sie fährt fort: „Es ist nicht bekannt, warum eine solche Diversität bei den Akkretionszuständen auftritt, aber wahrscheinlich spielen geometrische Verteilungsunterschiede bei der Gasakkretion eine wesentliche Rolle.“
Mehr Klarheit über die Gasflussgeometrie
Die Forschenden erarbeiteten Methoden, die es ermöglichen, die Geometrie des heißen, glühenden, spiralförmig nach innen in Richtung des schwarzen Lochs strömenden Gases abzubilden und zu bestimmen. Zudem konnten sie damit verstehen, wie sich seine Gestalt in Abhängigkeit vom Akkretionszustand verändert. Darüber hinaus gingen sie der Frage nach, ob und wie die Verteilung der Materie, die nach innen strömt, mit den Teilchenstrahlen in Verbindung steht, die aus den schwarzen Löchern ausgestoßen und derart beschleunigt werden, dass sie sich beinahe mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. „Die Wissenschaft hat lange darüber spekuliert, wie sich Akkretionsscheiben verhalten. Die Projektergebnisse ermöglichten es Forschenden nun, diese Verhaltensweisen in weitaus umfassenderem Maße zu verstehen. Außerdem ist es höchst interessant, mehr über den Mechanismus zu erfahren, der bei bestimmten schwarzen Löchern die Energie zur Bildung und schließlich zum Ausstoß relativistischer Jets bereitstellt“, merkt De Marco an. Das Team nutzte innovative Methoden, mit deren Hilfe sowohl spektrale als auch temporale Informationen aus Röntgenemissionsflüssen extrahiert werden konnten. „Die Verteilung der Strahlungswellenlängen und -amplituden über die Zeit ist durch die Entfernung von einem schwarzen Loch bestimmt. Unser Ansatz erlaubt es uns, auf verlässliche Art und Weise eine Tomographie vorzunehmen, bei der wir eine Schnittdarstellung bestimmter Regionen in unterschiedlichen Abständen mit variablen Flussamplituden über die Zeit erhalten“, erklärt De Marco.
Der Zusammenhang zwischen Akkretionsflüssen und relativistischen Jets
Dem Team gelang es, markante und kontinuierliche Veränderungen an der Geometrie der am weitesten innen liegenden Akkretionsflüsse zu belegen, die vom Akkretionszustand der Quelle abhängen. Beim Rückgriff auf Echokartierung ergaben sich bei durch geringe Luminosität charakterisierten Akkretionszuständen enorm lange Antwortzeiten. Umgekehrt fielen die gemessenen Verzögerungen kürzer aus, wenn Änderungen am Zustand der Akkretionsquelle vorgenommen wurden (hellere Quellen). Die Analysen ließen zudem erkennen, dass die Regionen, die sich näher am schwarzen Loch befinden, mit einem inhomogenen, äußerst heißen Plasma gefüllt sind. Bei diesem handelt es sich um die Quelle der energiereichsten der durch das binäre schwarze Loch ausgesendeten Röntgenphotonen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ermittelten, zu welchem Zeitpunkt die Akkretionsscheibe die kleinste mögliche Umlaufbahn um das binäre schwarze Loch erreicht und kamen zu dem Ergebnis, dass dies zeitlich genau mit dem Einsetzen eines relativistischen Jets zusammenfällt. BHmapping stützte sich auf moderne spektrale und temporale Verfahren sowie qualitativ hochwertige Röntgendaten, um eine eindeutige Verbindung zwischen der Geometrie des Akkretionsflusses und dem Mechanismus, der einen relativistischen Jet einleitet, herzustellen. Das Forschungsteam geht davon aus, dass sein Analyseansatz künftig häufiger für die Untersuchung von Akkretionsflüssen unterschiedlich großer Doppelsternsysteme mit schwarzen Löchern zum Einsatz kommen wird.
Schlüsselbegriffe
BHmapping, schwarzes Loch, relativistischer Jet, Akkretionszustand, Akkretionsscheibe, Geometrie, Akkretionsfluss, Röntgen