Landwirtschaftliche Entwässerung verändert Böden tiefgreifender und schneller als bisher angenommen
Böden speichern Kohlenstoff und fungieren als Filtersysteme, wodurch sie Oberflächen- und Grundwasser sauber halten. Mineralische Partikel (wie Ton) sind für die Sorption und Stabilisation von organischen Stoffen und Nährstoffen (wie Phosphaten) unerlässlich und können darüber hinaus die Toxizität von Pestiziden reduzieren. Eine Studie aus dem Jahr 2008 zeigte bereits 16 Jahre nach der Installation einen signifikanten Austrag von Mineralpartikeln in der Nähe von Abflüssen. Zuvor war angenommen worden, dass Veränderungen wie diese Jahrhunderte bis Jahrtausende dauern würden. Trotz dieser Ergebnisse wurde die Studie erst repliziert, als das EU-finanzierte Projekt IDESoWa (Increased drainage effects on soil properties and water quality) ins Leben gerufen wurde. Ziel des Projekts war die erstmalige Untersuchung des Einflusses von Veränderungen der Mineralzusammensetzung des Bodens auf den Kreislauf von organischen Substanzen und Nährstoffen. Ähnlich wie die Studie aus dem Jahr 2008 ergaben die Untersuchungen des IDESoWa-Projektteams einen Austrag von Tonpartikeln in der Nähe von Abflüssen. „Die Annahme, dass die mineralischen Bedingungen im Boden im Laufe eines Menschenlebens relativ stabil bleiben, bedarf einer Neubewertung“, erklärt Antra Boča, Marie-Skłodowska-Curie-Stipendiatin von der Lettischen Landwirtschaftlichen Universität, der Gasteinrichtung des Projekts.
Landwirtschaftliche Entwässerung und Bodenentwicklung
Techniken für die Bodenwasserbewirtschaftung wie Untergrundentwässerungssysteme können Bodenprozesse verändern. Bislang gab es jedoch überraschend wenige Studien über den Einfluss menschlicher Aktivitäten auf die Mineralzusammensetzung des Bodens. Um Erkenntnisse über die Auswirkungen landwirtschaftlicher Entwässerung auf Bodenprozesse zu gewinnen, hob das Team von IDESoWa senkrecht zu Drainrohren in drei unterschiedlichen Landnutzungsszenarien Gruben aus. Diese waren: Tonlehm unter bestellten Landwirtschaftsflächen und Weiden auf glazigenem Geschiebemergel und Schlufflehm unter nicht bestellten Landwirtschaftsflächen auf glazigenen Seesedimenten. Die Forschenden sammelten in unterschiedlichen Abständen von den Drainrohren Bodenproben. Der am weitesten entfernte Boden unterliegt Wassersättigungsbedingungen, die den Bedingungen, die vor der Installation der Drainrohre herrschten, am ähnlichsten sind. Dies ermöglicht einen Vergleich veränderter und unberührter Böden. Die Bodenproben wurden bis zu den Drainrohren in etwa einem Meter Tiefe entnommen, um die Mineralzusammensetzung des Bodens sowie die Phosphorsorptionskapazität, die Stabilität des organischen Kohlenstoffs und den Stickstoffkreislauf zu bestimmen. „Auch wenn uns aufgrund der Pandemie noch nicht alle Daten vorliegen, haben wir schon jetzt interessante Ergebnisse erzielt. Wir fanden heraus, dass Untergrundentwässerungssysteme die Mineralzusammensetzung von Böden innerhalb von vierzig Jahren derart grundlegend verändern können, dass sich diese Veränderung sogar in solch heterogenen Materialien wie glazigenem Geschiebemergel zeigen“, sagt Boča. Für Verwirrung sorgte die Erkenntnis, dass sich die Konzentration des Gesamteisens nicht mit der Entfernung vom Drainrohr veränderte. Bei Ton war dies allerdings der Fall. „Da Eisen in enger Verbindung mit Tonpartikeln steht, wäre ein ähnlicher Austrag wie bei Ton zu erwarten. Zusätzlich sollten die unterschiedlichen Redox-Bedingungen im Boden in verschiedenen Entfernungen zum Drainrohr auch die Mobilität des Eisens beeinflussen. Boden, der sich näher am Entwässerungskanal befindet, erfährt in der Regel eine geringere Sauerstoffverarmung, da das Wasser schnell abfließt, während weiter entfernter Boden an Sauerstoff verarmt, da die Wahrscheinlichkeit einer Wassersättigung größer ist“, so Boča weiter. Um dies weiter zu verfolgen, plant das Team die Untersuchung unterschiedlicher Eisenarten, da das aktuelle Ergebnis unlogisch erscheint. „Da Eisen für den Kreislauf von Nährstoffen und organischen Substanzen sehr wichtig ist, müssen wir die Vorgänge verstehen“, fügt Boča an.
Nachhaltige Bodenbewirtschaftung
Mineralien bilden die Grundlage des Bodens und beeinflussen viele biologische und chemische Prozesse. Das Verständnis der durch die Installation von Untergrundentwässerungssystemen verursachten Veränderungen wird die Integration von Ökosystemleistungen wie die Speicherung der organischen Substanz des Bodens und die Nährstoff-/Pestizidfiltration in landwirtschaftliche Praktiken unterstützen. „Wenn alle Daten analysiert wurden, können die Ergebnisse zur Verbesserung der Bodenbewirtschaftungsverfahren für künstlich entwässerte Böden beitragen, die in den europäischen Ländern vorherrschen“, merkt Boča an. Im Rahmen zukünftiger Arbeit soll untersucht werden, wie Veränderungen der Bodenmineralogie die Toxizität von Pestiziden beeinflusst. Diese Untersuchungen werden auf Feldern sowohl mit geregelten (d. h., das Wasser wird über einen längeren Zeitraum im Boden gehalten) als auch mit ungeregelten Entwässerungssystemen durchgeführt. Beide Systeme schaffen unterschiedliche Reduktions-Oxidationsbedingungen für die Mineralverwitterung und -transformationen, wodurch wahrscheinlich auch die Wechselwirkungen zwischen Mineralien und Pestiziden im Boden beeinträchtigt werden.
Schlüsselbegriffe
IDESoWa, Entwässerung, Wasser, organische Substanz, Nährstoffe, Schadstoffe, Böden, Mineralien, Ton, Eisen, Pestizide