Lungenmikroben in einem Chip-Modell verdeutlichen den Kampf zwischen Wirt und Mikrobiom bei chronischen Atemwegserkrankungen
Der Wissenschaft und Angehörigen der Gesundheitsberufe mangelt es vor allem an Wissen darüber, ob und wie Veränderungen in der mikrobiellen Zusammensetzung der Lunge zur Anfälligkeit für Atemwegsinfektionen sowie zum Fortschreiten von Asthma und COPD beitragen. In der Lunge von Mäusen führen Veränderungen zu Atemwegsentzündungen und einem Verlust der Lungenfunktion. Trotzdem ist noch immer nicht klar, wodurch diese Veränderungen hervorgerufen werden und warum sie zu einer erhöhten Neigung zu Lungeninfektionen und -schäden führen. Das Wissen um diesen Zusammenhang ist von zentraler Bedeutung, da gängige Behandlungsmethoden bei Asthma- und COPD-Betroffenen lediglich auf eine Verringerung der Symptome und die Prävention der Krankheitsprogression abzielen. Leider wird dieser Ansatz dadurch erschwert, dass viele Patientinnen und Patienten nicht auf eine Kortikosteroid-Therapie ansprechen.
Atemwege auf einem Chip sollen Abhilfe schaffen
„Wir wollten ein menschliches ‚Airway Lung-Chip‘-Mikrobiom-Modell entwickeln und die Interaktion zwischen Wirt und Mikrobiom in der Lunge untersuchen“, so Pieter Hiemstra, Koordinator des EU-finanzierten Projekts EpiCBiome und Professor für respiratorische Zellbiologie und Immunologie am medizinischen Zentrum der Universität Leiden. Das Forschungsteam konzentrierte sich dabei auf die Rolle der Peptide und Proteine der Wirtsabwehr bei Asthma und COPD. Die am Projekt EpiCBiome beteiligten Forscherinnen und Forscher konnten die Organ-on-a-Chip-Technologie erfolgreich im Labor anwenden. Außerdem optimierten sie den „Airway Lung-Chip“ und den „Alveolus Lung-Chip“ anhand von Zellen aus Hiemstras Labor. Unterstützt wurde das Forschungsvorhaben im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen. „Die Arbeit mit unserem Partner, der Organ-Chip-Plattform von Emulate, war interessant“, erinnert sich Hiemstra. „Auch die Ausbildung der Stipendiatin Anne van der Does bei Emulate vor Ort hat sich als äußerst wertvoll erwiesen.“ Während des Förderzeitraums konnte das Team darüber hinaus ein vereinfachtes Transwell-Co-Kultivierungssystem für das Mikrobiom des Lungenepithels optimieren. Die Teammitglieder untersuchten außerdem, wie sich der Umbau des Atemwegsepithels auf die mikrobielle Belastung einer komplexen mikrobiellen Zusammensetzung auswirkt.
Probleme durch Mikroorganismen
„Unser größtes Problem war der Erhalt einer komplexen mikrobiellen Zusammensetzung, die ein stabiles Mikrobiom repräsentieren sollte, das wir auf die Zellkultur anwenden konnten“, erklärt Hiemstra. Diese Problematik schränkte das Team während des gesamten Projekts ein. Noch immer wird im Labor an einer entsprechenden Lösung gearbeitet. Ein weiteres Problem ist, dass es in der Lunge nur wenige Mikroorganismen gibt. Beim Versuch, diese in vitro zu reproduzieren, erhält man nur schwer verlässliche Analysen. „Daher haben wir uns beim Projekt eher auf die Epithelreaktion als auf die Zusammensetzung des Mikrobioms konzentriert“, fasst Hiemstra zusammen. Abschließend mussten das „Airway Lung-Chip“-Modell an das niederländische Labor übergeben und die Zellkulturbedingungen so optimiert werden, dass das Modell zuverlässig und stabil bleibt, was mehr Zeit in Anspruch nahm als erwartet.
Eine Zukunft für die Nutzung von Atemwegen auf einem Chip
Das Forschungsteam wird auch weiterhin Mikroorganismen in die Kulturen einbinden, vor allem auf dem Chip, da die Arbeit noch nicht an diesem Punkt angelangt ist. Das passt mit den Plänen zusammen, nach denen die Untersuchungen auf Lungenkrebs ausgeweitet werden sollen. „Durch die Experimente mit Transwell haben wir wertvolle Hinweise darauf erhalten, wie sich ein Umbau auf das Lungenmikrobiom auswirkt, worauf wir uns vor allem im Rahmen künftiger Forschungsarbeiten konzentrieren werden.“ Anne van der Does hat sich in der Abteilung als unabhängige Wissenschaftlerin etabliert. Kürzlich hat sie die ersten wichtigen Förderungen für die Einführung des „Airway Lung-Chip“ in Hiemstras Labor erhalten. Den Wert der Arbeit fasst er folgendermaßen zusammen: „Das Projekt war entscheidend für die Laufbahnentwicklung von Frau van der Does und hat darüber hinaus zur Einführung einer extrem wertvollen Methode in unserem Labor geführt.“
Schlüsselbegriffe
EpiCBiome, Lunge, Chip, Mikrobiom, Mikrobiota, COPD, Kultur, Atemwegserkrankung