75 Jahre nach Hiroshima and Nagasaki: Wie stehen die Europäer zu Atomwaffen?
Im Jahr 1945 wurden die ersten jemals in der Kriegsführung eingesetzten Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki abgeworfen, wo sie unsagbaren Schrecken und unvorstellbare Zerstörung mit sich brachten. Die beiden Bomben brachten über 200 000 Menschen den Tod, einigen sofort und anderen über Monate oder Jahre hinweg. Die Welt war fassungslos über diesen Akt und den unermesslichen Schaden, welcher der Zivilbevölkerung zugefügt wurde. „Während Hiroshima und Nagasaki die beiden Städte waren, die zuletzt durch Atomwaffen zerstört wurden, können wir nicht sicher sein, dass sie auch die letzten sein werden. Seit 1945 haben sich die Vereinigten Staaten, die Sowjetunion/Russland, das Vereinigte Königreich, Frankreich, China, Israel, Indien, Pakistan sowie Nordkorea mit Atomwaffen ausgerüstet, die im Vergleich zu denen, die Hiroshima und Nagasaki seinerzeit zerstörten, ein weitaus größeres Zerstörungspotenzial besitzen“, kommentiert Benoît Pelopidas, Hauptforscher des NUCLEAR-Projekts, das teilweise vom Europäischen Forschungsrat finanziert wird, in einem Gastbeitrag in „The Hindu“. Er ist außerdem Gründer des Programms Nuclear Knowledges am Zentrum für internationale Studien von Sciences Po in Paris. Der Gastbeitrag wurde zusammen mit M.V. Ramana eingereicht. Tausende von Atomwaffen wurden getestet. Sie haben die Umwelt und die öffentliche Gesundheit langfristig geschädigt. Pelopidas erklärt: „Die Abschätzung des Ausmaßes potenzieller Schäden sowie die Erkenntnis, dass Atomwaffen jederzeit gegen ein beliebiges Ziel auf der ganzen Welt abgefeuert werden können, sollte in uns allen ein Gefühl der Verwundbarkeit auslösen.“ Befürwortende nuklearer Rüstung behaupten, dass ein Arsenal von Atomwaffen eine Abschreckung gegen den Atomkrieg darstelle, da die Angst vor Vergeltungsmaßnahmen einen Staat daran hindere, Atomwaffen gegen einen anderen einzusetzen. Pelopidas fährt fort: „Nukleare Bedrohungen haben nicht immer Angst erzeugt, und Angst wiederum hat nicht immer zu Vorsicht geführt. Im Gegenteil, nukleare Bedrohungen haben in einigen Fällen in Wut resultiert, und Wut kann einen Drang zur Eskalation auslösen. Atommächte sind tatsächlich recht oft in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt, selbst mit anderen Ländern mit Atomwaffen, wenn auch in begrenztem Umfang oder durch Stellvertreter.“
Beendeten die Atombombenangriffe von Hiroshima und Nagasaki den Zweiten Weltkrieg?
Viele Menschen glauben, dass die Bombenangriffe tatsächlich den Krieg beendeten und dass die Vereinigten Staaten das kleinere von zwei Übeln wählten. Obwohl diese Darstellung von Historikern in Frage gestellt wird, glaubt laut einer vom Europäischen Forschungsrat finanzierten Umfrage vom Oktober 2019 eine beträchtliche Anzahl von Europäerinnen und Europäern immer noch daran. In einer Analyse des „Bulletin of the Atomic Scientists“ stellt Pelopidas fest: „Die europäische Öffentlichkeit ist nach wie vor entschlossen, die Beseitigung von Atomwaffen zu unterstützen. Selbst im atomar bewaffneten Frankreich und im Vereinigten Königreich lehnt die große Mehrheit die Idee ab, dass Atomwaffen jemals moralisch vertretbar eingesetzt werden könnten.“ Er fährt fort: „Jüngste Entdeckungen zu Nagasaki bringen eine wichtige Dimension in die Atompolitik, die oft übersehen wird: nämlich die Anfälligkeit des nuklearen Befehls- und Kontrollsystems sowie die Rolle des Zufalls für den Ausgang nuklearer Ereignisse.“ Nagasaki wurde aufgrund eines Flugfehlers von einer Bombe getroffen, die ursprünglich für Kokura bestimmt war. Kjølv Egeland war Mitverfasser der Analyse. Das laufende Projekt NUCLEAR (Nuclear Weapons Choices Governing vulnerabilities between past and future) bietet die erste eingehende weltweite Untersuchung der Gründe, auf denen der Umfang öffentlich akzeptabler Entscheidungen zu Nuklearwaffen seit dem Ende der Atomtests fußt.
Schlüsselbegriffe
NUCLEAR, Atombombe, Hiroshima, Nagasaki, 75. Jahrestag, Bombenangriff, Atomwaffe