Innovative Folien reduzieren Infektionsrisiko auf Oberflächen
Die zunehmende Verstädterung bewirkt, dass immer mehr Menschen in dicht besiedelten Städten leben, was die Ausbreitung bakterieller Infektionen begünstigt. Jahr für Jahr sterben in der EU rund 33 000 Menschen durch arzneimittelresistente Bakterien, wobei die Anzahl der antibiotikaresistenten Bakterien kontinuierlich weiter zunimmt. „Da weltweit vier Milliarden Menschen in Städten leben, besteht die reale Gefahr, dass die städtischen Gebiete zu den Hauptinfektionsquellen zählen“, sagt FLEXPOL – Projektkoordinator Maximilian Kosel, Forschungsstipendiat am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie in Deutschland. „Durch die Globalisierung sind Bevölkerungsbewegungen nur noch sehr schwer kontrollieren. Bakterien verbreiten sich im engen städtischen Umfeld schnell, was das Infektionspotenzial dramatisch erhöht.“ Zur Lösung dieses Problems hat das EU-Projekt FLEXPOL eine antibakterielle Klebefolie entwickelt, die auf Oberflächen, die häufig berührt werden, wie zum Beispiel Türklinken, angebracht werden kann. „Indem wir die Ausbreitung von Infektionskeimen eindämmen, können wir Leben retten, den Bedarf an Antibiotika verringern, die Kosten für Krankenhausaufenthalte senken und gleichzeitig die Zahl der Fehltage senken“, erläutert Kosel.
Folien kostengünstig produzieren
Ein Hauptziel des Projekts war es, zu untersuchen, ob eine kontinuierliche Folienproduktionslinie realisierbar ist. Nur auf diese Weise sind Kosteneinsparungen zu erzielen und kann sichergestellt werden, dass die Innovation für alle Gesundheitseinrichtungen erschwinglich ist. Es wurden zwei Pilotproduktionslinien eingerichtet. In der ersten Linie wurden natürliche ätherische Öle gewonnen und verkapselt, die dann in ein 0,1 mm dickes Polypropylenmaterial eingebettet wurden. In der zweiten Pilotlinie wurde die Oberflächenstruktur auf das Material übertragen. Während des gesamten Projekts wurden Toxizitätsbewertungen durchgeführt. Beide Pilotlinien orientierten sich kontinuierlich an Laboranalysen der Leistungskriterien. Eine wesentliche Herausforderung war, dass die Bestimmungen der Internationalen Organisation für Normung für antimikrobielle Versuche nicht auf stark hydrophobe Oberflächen anwendbar sind, wie es bei der FLEXPOL-Folie der Fall ist. Daher musste ein neuartiges Versuchsprotokoll für Oberflächen dieser Art entwickelt werden.
Anwendungen im echten Leben
Nachdem demonstriert worden war, dass eine effiziente Produktion möglich ist, wurde die Folie in einem Krankenhaus im spanischen San Sebastian Tests unterzogen. Auf diese Weise konnte das Projektteam bewerten, wie die Neuheit in einem realen Umfeld funktionieren würde. Auch wenn vor einer Kommerzialisierung noch mehr geforscht werden muss, waren die Resultate positiv. Es wurde ein ganzes Spektrum an potenziellen Endanwendungen ermittelt. Neben den Oberflächen in Krankenhäusern, etwa in Wartezimmern, könnte die FLEXPOL-Klebefolie auch in vielen Alltagssituationen bakterielle Infektionen reduzieren. Auf den Oberflächen in öffentlichen Verkehrsmitteln zum Beispiel könnte die Folie das Infektionsrisiko für Bevölkerungsgruppen verringern, die nah beieinander leben und arbeiten müssen. „FLEXPOL könnte zur Sterilisation von Oberflächen in Bussen, Flugzeugen oder Carsharing-Fahrzeugen sowie in öffentlichen Toiletten der Verkehrsknotenpunkte und Flughäfen beitragen“, betont Kosel. Konsumgüter wie zum Beispiel Telefone mit einer antibakteriellen Klebefolie zu versehen, könnte ein riesiger potenzieller Markt sein. Jedes Antippen, Wischen und Telefonieren führt zu einer weiteren Belastung der berührungssensitiven Oberfläche, auf der sich die Bakterien ansammeln können. Ganz ähnlich werden Türgriffe, Aufzugknöpfe und Tischflächen in öffentlichen Gebäuden und Arbeitsräumen den ganzen Tag über von zahlreichen Menschen angefasst. Eine antibakterielle Folie könnte hier das Infektionsrisiko deutlich verringern – wobei dieses Thema wohl noch nie so wichtig wie heute war.
Schlüsselbegriffe
FLEXPOL, Krankenhäuser, Bakterien, Infektionen, Transport, adhäsiv, klebend, Klebefolie, Antibiotika, Toxizität, hydrophob