Molekulare Studien enthüllen Ursprung weiblicher Fortpflanzungsorgane bei Blütenpflanzen
Blütenpflanzen, auch Angiospermen, sind die größte und vielfältigste lebende Gruppe im Pflanzenreich. Sie umfassen etwa 90 % der Arten von Landpflanzen und zählen etwa 352 000 lebende Arten auf der Erde. Die Entwicklung neuer Fortpflanzungsstrukturen wie der Blüte und ihres weiblichen Teils, des Stempels, spielte eine wichtige Rolle für den außerordentlichen Erfolg von Angiospermen. Wie sich der Stempel auf molekularer Ebene entwickelte, ist noch unklar. Das Projekt RiceStyle wollte dieses Rätsel durch eine vergleichende Untersuchung der Stempelentwicklung und seiner genetischen Grundlage lösen. Mit Unterstützung durch das Marie-Curie-Programm verwendeten die Forscher die Modellpflanze Arabidopsis thaliana und erweiterten ihre Untersuchungen auf eine entfernt verwandte monokotyle Modellpflanze, den asiatischen Reis (Oryza sativa L.).
Gemeinsamer Vorfahre gesucht
Die Forscher suchten auf molekularer Ebene nach dem Schlüsselereignis, das wahrscheinlich zur Entwicklung von Angiospermen und ihrer schnellen Artbildung führte, und untersuchten die Faktoren, die an der direkten Gewebebildung im Stempel beteiligt sind. „Wir haben einige kleine Unterfamilien von Transkriptionsfaktoren (die Proteine, die an der Umwandlung bzw. Transkription von DNA in RNA beteiligt sind) erforscht, die bekanntermaßen Eierstock, Stil und Stigma bei Arabidopsis regulieren, um festzustellen, ob ihre Funktionen auf Vorfahren der Angiospermen zurückgehen“, so Hauptforscher Dr. Ludovico Dreni und Projektkoordinatorin Dr. Cristina Ferrándiz. Wissenschaftler entdeckten, dass die meisten Gene von Arabidopsis in Reis Homologe aufweisen und viele von ihnen in den frühesten Stadien des sich entwickelnden Stempels exprimiert werden. „Für mindestens zwei Gruppen von Kandidatengenen konnten wir bestätigen, dass sie in Reis eine sehr ähnliche Funktion erfüllen wie bei Arabidopsis, da sie sich als essenziell für die Herausbildung von Stil und Stigma erwiesen haben. Ihre Funktion ist seit Generationen im Erbgut verankert und bestand zumindest schon bei dem gemeinsamen Vorfahren von Reis und Arabidopsis“, erklärt Dr. Ferrándiz. Diese Transkriptionsfaktoren stammen wahrscheinlich von den frühesten Angiospermen, bei denen sie die Entwicklung, Form und Funktion des neu entstandenen Organs regulierten, d. h. des für Angiospermen charakteristischen Stempels. Laut Dr. Dreni „wird diese Entdeckung in Zukunft dazu beitragen, ein molekulares Entwicklungsmodell zur Beschreibung der Stempelentwicklung zu erstellen. Es wurde bereits ein ähnliches Vorhaben unternommen, um die Entwicklung und den Ursprung der anderen Blütenorgane zu untersuchen – letztendlich werden all diese Informationen und Modelle berücksichtigt.“
Verbesserte Bestäubung
RiceStyle erweitere den Wissensstand über die Entwicklung von Stil und Stigma für eine bessere Steuerung des Bestäubungsprozesses von Kulturpflanzen, was zu einer effizienten Modifikation auf morphologischer und molekularer Ebene führen könnte. „Die Kreuz- und Selbstbestäubungsrate sind wichtige Merkmale für Kulturpflanzen. Darüber hinaus ist der Bestäubungsprozess auch einer der Prozesse, die ausschlaggebend für die Entwicklung parthenokarpischer (kernloser) Früchte sein könnten, was für viele kommerzielle Früchte ein wünschenswertes Merkmal ist“, so die Forschenden abschließend. Der Vorschlag wird erhebliche Auswirkungen auf die Grundlagenforschung und die künftige angewandte Forschung haben und sich auf das Ziel von Horizont 2020 stützen, in künftige Arbeitsplätze zu investieren und die Position der EU in den Bereichen Forschung, Innovation und Technologie, nachhaltige Entwicklung, Klimaschutz und wissenschaftliche Exzellenz zu stärken.
Schlüsselbegriffe
RiceStyle, Stempel, Angiospermen, Arabidopsis, Reis, Stigma, Transkriptionsfaktor