Genkonversion - Mutationen im Erbgut wehren Malariaerreger ab
Ein internationales Forscherteam lieferte neue Erkenntnisse zu der Frage, wie Mutationen im menschlichen Erbgut eine Malariainfektion verhindern können. Um herauszufinden, warum bestimmte ethnische Gruppen in Abhängigkeit von ihrer geographischen Herkunft und genetischen Ausstattung anfälliger für Malaria sind als andere, suchten die Forscher in Genanalysen bei 15 ethnischen Gruppen in Afrika nach neuen Genvarianten. Die Ergebnisse der Untersuchungen sind jetzt im Fachblatt American Journal of Human Genetics nachzulesen. Von den jährlich mehr als 300 Millionen Malaria-Neuinfektionen endet die Krankheit für fast 1 Million Menschen tödlich. Dabei werden etwa 90% der Fälle in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara verzeichnet. Wissenschaftler der Universität Pennsylvania, Vereinigte Staaten, untersuchten gemeinsam mit Kollegen aus Frankreich, Italien, Kenia, Nigeria, Sudan und Tansania die Gründe, warum einzelne Bevölkerungsgruppen eine Malariainfektion erfolgreicher abwehren können als andere. In der bislang umfassendsten Querschnittstudie analysierten sie den Zusammenhang zwischen einem Genpaar und der Fähigkeit des Krankheitserregers, rote Blutzellen zu infizieren. "Auf der Suche nach Genvarianten, die die Anfälligkeit für Malaria erhöhen, muss sehr detailliert vorgegangen werden", erklärt Dr. Wen-Ya Ko, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Genetik an der Perelman School of Medicine, die der Universität Pennsylvania angegliedert ist. "Populationen entwickeln sich bis zu einem bestimmten Grad unabhängig voneinander, sodass mitunter einzigartige Mutationen entstehen." Wie es im Studienbericht heißt, beginnt der Infektionszyklus, indem die Malariaerreger an der Oberfläche von Erythrozyten, wie die roten Blutzellen genannt werden, andocken. Dies sei offenbar auch der Grund, warum Mutationen wie Sichelzellanämie, bei der sich diese Blutzellen gänzlich verformen, eine positive Selektion erfahren. "Sowohl der menschliche Wirt als auch der Parasit befinden sich quasi in einem genetischen Wettrüsten um die beste Mutation - und die Spuren dieser sogenannten Ko-Evolution sind deutlich im Genom ablesbar", so Dr. Ko. "Wir haben schon mehrere Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP) entdeckt, die für eine solche Signatur in Frage kommen könnten." Diese Art von Polymorphismen stand im Mittelpunkt der jetzigen Studie. Das Forscherteam schleuste die Mutationen in ein Genpaar ein, die für die Proteine Glycophorin A und Glycophorin B auf der Oberfläche von Erythrozyten kodieren. Wie gut der Malariaparasit an die Oberflächenrezeptoren binden kann, um die Zellen zu infizieren, hängt davon ab, inwieweit die Proteinstruktur verändert wurde. Allerdings sind zwei gegensätzliche Theorien im Umlauf, auf welche Weise eine veränderte Proteinstruktur die Infektionsanfälligkeit verringert. Zum einen geht man davon aus, dass Glycophorin A als Köder fungiert, um die Parasiten von anfälligeren Zellen wegzulocken. Die andere Theorie besagt, dass Glycophorin A mutiert und auf diese Weise ein Andocken des Malariaparasiten verhindert. Die Ergebnisse des Forscherteams deuten auf unterschiedliche Selektionsmuster in den betreffenden Regionen der beiden Gene hin. Sie entdeckten eine höhere genetische Variation in der Genregion von Glycophorin A, die den Parasiten daran hindert, Erythrozyten zu infizieren. "Diese Signatur war am augenfälligsten in Populationen, die in Hochrisikogebieten leben", vermerkt die leitende Autorin der Studie, Prof. Sarah Tishkoff von der Universität Pennsylvania. Das Forscherteam entdeckte zudem in mehreren Populationen aus hochendemischen Gebieten eine neue Proteinvariante von Glycophorin B, die ebenfalls durch natürliche Selektion entstanden sein könnte, wie es heißt. "Die Gene für Glycophorin A und B entstanden durch Genduplikation", so Dr. Ko. "Ihre Sequenzen ähneln sich zu mehr als 95%. Aufgrund dieser hohen Ähnlichkeit können Glycophorin A-Sequenzen während der Rekombination an B binden, d.h. Mutationen werden zwischen den Sequenzen ausgetauscht." Weitere Untersuchungen einer solchen Genkonversion könnten die Erforschung und Behandlung von Malaria künftig deutlich erleichtern und beschleunigen. "Das Parasitengenom mutiert sehr schnell, deutlich schneller als das des Menschen. Und je häufiger Mutationen auftreten, desto größer ist die Chance, in diesem Wettrennen die Nase vorn zu haben", so Dr. Ko. "Dies ist eine sehr wirksame Waffe im Wettrüsten um die besten Gene, und obwohl niemand das Rennen gewinnen wird, erhöht sich dadurch vor allem die genetische Vielfalt."Weitere Informationen unter: American Journal of Human Genetics: http://www.cell.com/AJHG/ University of Pennsylvania: http://www.upenn.edu/
Länder
Frankreich, Italien, Kenia, Nigeria, Sudan, Tansania, Vereinigte Staaten