Wissenschaftler lösen Mendelsches Rätsel von der Blütenfarbe der Erbsen
Gregor Mendel, ein Augustinermönch und Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts wird oft als "Vater der modernen Genetik" bezeichnet. Er erforschte die Vererbung bestimmter Merkmale der Erbsenpflanze anhand des Gens, das für die Farbe der Blüten ausschlaggebend ist. Forscher sahen sich jedoch vor das Rätsel gestellt, wie die Anlagenübertragung tatsächlich funktioniert. Machen Sie die Bekanntschaft einer EU-finanzierten Forschergruppe, die dieses Rätsel eines der bekanntesten Experimente der Biologie gelöst hat. Ihre jüngste Studie wirft ein neues Licht auf die Molekulargenetik, die den Mendelschen Experimenten zugrunde liegt. Die Studie wird über das Projekt Körnerleguminosen ("Neue Strategien zur Verbesserung von Körnerleguminosen für Lebens- und Futtermittel") teilfinanziert und erhält fast 15 Mio. EUR im Rahmen des Themenbereichs "Lebensmittelqualität und -sicherheit" des 6. EU-Rahmenprgamms (FP6). Unter Leitung des John Innes Centre (JIC) im Vereinten Königreich verglichen die Forscher die DNA-(Desoxyribonukleinsäre)-Sequenzen der Erbse mit denen anderer genetisch gut erforschter Pflanzen und identifizierten die Gene, die die Blütenfarbe bei Erbsen steuern. "Dies war wirklich eine gemeinschaftliche Anstrengung, die ohne die Beteiligung all dieser Menschen nicht zustande gekommen wäre, vor allem nicht ohne den großen Enthusiasmus von Roger [Dr. Roger Hellens, Wissenschaftlicher Leiter der Genomgruppe der Plant & Food Research, Neuseeland], der einem Problem auf den Grund gehen wollte, das ihn jahrelang geärgert hatte", sagte Professor Noel Ellis von der Abteilung Nutzpflanzen-Genetik am John Innes Centre. Die purpurne Färbung der Blüten bei wilden Erbsen wie bei zahlreichen anderen Pflanzen ist auf die Häufung der als Anthocyane bezeichneten Pigmentmoleküle zurückzuführen. Die biochemischen Prozesse bei ihrer Entstehung sind über viele Jahre erforscht worden. Die in der Zeitschrift "PLoS ONE" veröffentlichte Studie beschreibt zwei als A und A2 bekannte Gene von Erbsen, die die Produktion von Anthocyanen regeln. "Beim Vergleich der DNA-Seqenzen der Erbse mit denen anderer genetisch gut erforschter Pflanzen wie der Petunie haben wir festgestellt, dass das Mendelsche Gen ein Transkriptionsfaktor ist, der die Grundlage der Anthocyan-Biosynthese bildet", erklärte Dr. Roger Hellens. "Bei Mutationen wird dieser Transkriptionsfaktor inaktiv, es werden keine Anthocyane produziert, und die Folge sind weiße Blüten." Für die Studie wurden rund 3 500 Erbsenlinien von den Forschern untersucht. Die in den Räumen des JIC untergebrachte Sammlung umfasst wilde Erbsen, Kulturformen sowie Zwischenformen, von denen einige noch aus dem 19. Jahrhundert stammen. "Wir nutzten unsere Kenntnisse von früheren Genotypisierungen bei Keimplasma von Erbsen aus der Sammlung des JIC, um ungewöhnliche Linien auszumachen, bei denen wir mit hoher Wahrscheinlichkeit seltene Allele des Mendelschen Gens finden würden", so Professor Ellis. "Ein seltenes zweites Allel zu finden war wichtig für eine unabhängige Bestätigung der Identität des Gens." Weiterhin führte er aus: "Dies ist das vierte der sieben Mendelschen Gene, das auf molekularbiologischer Ebene zu bestimmen war; und es ist außerdem das zweite, an dessen Erforschung das JIC beteiligt war". Was haben die Forscher als Nächstes vor? Am John Innes Centre untersucht man nun vor allem die Keimplasma-Sammlung im Hinblick auf Gene und Merkmale, die genutzt werden könnten, um ertragreichere oder qualitativ höherwertige Erbsen zu züchten. Auf Grund ihrer Symbiose mit Bakterien an ihren Wurzelknollen können Erbsen Stickstoff aus der Luft binden. Dadurch sind sie weniger auf die Zugabe von stickstoffhaltigen Düngemitteln angewiesen, die im Zuge der Landwirtschaft erhebliche wirtschaftliche und ökologische Kosten verursachen, da ihre Herstellung mit hohem Energieverbrauch verbunden ist. Ihr Einsatz ist darüber hinaus eine der Hauptursachen für das Entstehen von Distickstoffmonoxid, einem starken Treibhausgas, das zusammen mit CO2 und weiteren Gasen zu der vom Menschen verurachten globalen Erwärmung beiträgt. Ein vermehrter Anbau von Erbsen und anderen Leguminosen bietet nach Ansicht der Forscher eine gute Möglichkeit, Lebensmittelsicherheit bei gleichzeitig geringen ökologischen Kosten zu gewährleisten. Pflanzenforscher des Forschungsrats für Biotechnologie und Biologische Wissenschaften (BBSRC) im Vereinigten Königreich, die neuseeländische Plant & Food Research, die französische Forschungseinrichtung Unité de Recherche en Génomique Végétale (URGV) sowie der landwirtschaftliche Forschungsdienst des US Department of Agriculture (USDA) haben Beiträge zu der Studie geleistet.
Länder
Frankreich, Neuseeland, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten