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20 Attosekunden: das kürzeste jemals gemessene Zeitintervall

Vor mehr als einem Jahrhundert löste Albert Einstein ein offensichtliches Paradoxon mit der Theorie der Photoemission, anhand der er erklärte, dass Licht aus Partikeln, den sogenannten Photonen, und nicht aus Wellen besteht. Seitdem wurde die Photemission als Prozess beschrieb...

Vor mehr als einem Jahrhundert löste Albert Einstein ein offensichtliches Paradoxon mit der Theorie der Photoemission, anhand der er erklärte, dass Licht aus Partikeln, den sogenannten Photonen, und nicht aus Wellen besteht. Seitdem wurde die Photemission als Prozess beschrieben, bei dem ein Elektron sofort aus einem Atom herausgelöst wird, wenn dieses die Energie eines Photons absorbiert. Jetzt haben von der EU finanzierte Physiker herausgefunden, dass dies nicht sofort geschieht. Durch den Nachweis, dass es nach dem Auftreffen des Photons zu einer Verzögerung kommt, konnte die Forschungsgruppe das bisher kürzeste Zeitintervall in der Natur messen. Ein besseres Verständnis dieser winzigen Interaktionen bietet wichtige Einblicke in alle biologischen und chemischen Prozesse. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht. Durchgeführt wurden die Forschungen von Physikern des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik, der Technischen Universität München und der Ludwig-Maximilians-Universität München in Deutschland in Zusammenarbeit mit Physikern aus Griechenland, Österreich und Saudi-Arabien. Unterstützung kam dabei aus einer Marie-Curie-Wiedereingliederungsbeihilfe (Reintegration Grant) und aus Fördermitteln des Europäischen Forschungsrats für Nachwuchswissenschaftler (ERC Starting Grant). Um Elektronen aus ihren Umlaufbahnen (Orbitalen) im Atom herauszulösen, schickten die Physiker kurze Laserpulse mit der Dauer von rund vier Femtosekunden (eine billiardenstel Sekunde) auf Neonatome. Gleichzeitig wurden die Atome von ultravioletten Lichtblitzen getroffen, die weniger als 180 Attosekunden (eine trillionstel Sekunde) dauerten. Daraufhin zeichneten die Physiker auf, wann die Elektronen das Atom verlassen haben, indem sie den synchronisierten Femtosekunden-Laserpuls sozusagen als "Attosekunden-Stoppuhr" nutzten. Als Ergebnis erhielten sie eine messbare Zeitverzögerung von 20 Attosekunden zwischen der Freisetzung eines Elektrons aus dem 2p-Orbital und der eines Elektrons aus dem 2s-Orbital. Die Technik der Physiker stellt damit die schnellste Messtechnik der Welt dar und darüber hinaus ist der beobachtete 20-Attosekunden-Versatz das kürzeste jemals direkt gemessene Zeitintervall. "Eine Attosekunde ist ein Milliardstel einer milliardstel Sekunde, ein unvorstellbar kleiner Zeitraum", erklärte Dr. Reinhard Kienberger vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik. "Doch eines der Elektronen verlässt das Atom messbar früher als das andere. Das heißt, dass Elektronen nach Anregung durch Licht kurz 'zögern', bevor sie das Atom verlassen." Mitglieder der Gruppe aus Deutschland, Österreich und Griechenland berechneten eine Dauer von fünf Attosekunden für diese Verzögerung. Die Frage nach den Ursachen für dieses "Zögern" der Elektronen ist offen für Interpretationen. Dr. Vladislav Yakovlev, ebenfalls vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik, erklärt: "Der Rechenaufwand für das gesamte Atommodel unter Einbezug aller Wechselwirkungen zwischen allen Elektronen, übersteigt die Rechenkapazität von heutigen Supercomputern." Die Forscher gehen allerdings davon aus, dass die Elektronen nicht nur mit ihrem Atomkern interagieren, sondern sich ebenso untereinander beeinflussen. "Die Elektron-Elektron-Wechselwirkung kann dazu führen, dass es ein Weilchen dauert, bevor das von der einfallenden Lichtwelle geschüttelte Elektron von seinen Artgenossen losgelassen wird und das Atom verlassen darf", sagte Dr. Martin Schulze vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik. Dr. Ferenc Krausz von der Ludwig-Maximilians-Universität München hob die weitreichenden Implikation der Ergebnisse der Forschungsgruppe hervor: "Solche bis heute nur unzureichend verstandenen Prozesse haben entscheidenden Einfluss auf das Verhalten von Elektronen in den winzigsten Dimensionen, die bei allen elementaren Abläufen biologischer und chemischer Prozesse eine bedeutende Rolle spielen. Ebenso bestimmen sie die Geschwindigkeit von Mikroprozessoren, den Herzstücken von Computern."

Länder

Österreich, Deutschland, Griechenland, Saudi-Arabien

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