Schmelzende Polkappen beeinflussen Tropenklima
Ein spanisches Forscherteam hat herausgefunden, dass die Wassertemperatur der Polarmeere das Tausende von Kilometern entfernte Äquatorialklima beeinflussen könnte. Die neuen Erkenntnisse belegen weiter den Zusammenhang zwischen dem Klima der Ozeane und dem globalen Klima und wurden jetzt im Wissenschaftsjournal Science veröffentlicht. Forscher der Universitat Autònoma de Barcelona (UAB), Spanien, der Newcastle University, Vereinigtes Königreich, und anderer europäischer Forschungseinrichtungen erarbeiteten einen Temperaturbericht des Nordpazifiks und Südatlantiks für das Zeitalter des Pliozäns. Einige Jahre schon ist diese mehr als drei Millionen Jahre zurückliegende Ära Gegenstand intensiver Forschungen. Sie ist der letzte warme Zeitraum in der Geschichte unseres Planeten mit Durchschnittstemperaturen, die wesentlich höher waren als heute. Von der Erforschung des Pliozäns erhofft man sich Rückschlüsse auf die zu erwartende globale Erwärmung. Das Forscherteam analysierte die Zusammensetzung von Alkenonen in Meeressedimentproben, die im Rahmen des "Integrated Ocean Drilling Program" durchgeführt wurden. Das globale Meeresforschungsprogramm befasst sich mit der Geschichte und Struktur der Erde und den Sand- und Gesteinsschichten im Meeresboden. Alkenone sind äußerst langlebige organische Verbindungen und werden von Phytoplanktonorganismen an der Meeresoberfläche produziert. Da die Alkenone dieser marinen Mikroorganismen temperaturabhängig ihre chemische Zusammensetzung verändern, können sie als Biomarker zur Bestimmung der Meeresoberflächentemperatur vor Millionen von Jahren eingesetzt werden. Dr. Erin McClymont von der Universität Newcastle erklärt, dass Phytoplanktonmoleküle ähnlich wie Muschel- oder Fischfossilien zum Meeresboden absinken und dort konserviert werden. "Auf diesen Molekülen lagerten sich nach und nach Sedimentschichten ab, sodass wir durch Analysen die Meeresoberflächentemperaturen vergangener Zeitalter rekonstruieren konnten", so Dr. McClymont. Den Forschern zufolge nahm mit der Abkühlung der Polarmeere und dem Wachsen des Meereises vor 1,8 bis 1,2 Millionen Jahren auch der Temperaturunterschied zwischen Äquator und den Polen zu. Dadurch bildete sich eine so genannte "Kaltwasserzunge", eine ungefähr 1.000 km breite, kalte Wasserströmung entlang des äquatornahen Pazifiks. Dr. McClymont zufolge belegen die Forschungsergebnisse den wesentlichen Einfluss der Polareismeere auf das globale Klima. Er erklärt, dass sich durch die Erderwärmung die Thermokline (thermische Sprungschichten im Meerwasser) verstärken und dadurch der Kaltwasserzunge im Ostpazifik entgegenwirken könnten, die kaltes Tiefenwasser an die Oberfläche führt. Derzeit steht die Kaltwasserzunge im Pazifik unter dem Einfluss des Klimaphänomens El Niño, das starke, wetterbedingte Störungen wie Fluten und Dürren mit sich bringt und großen Einfluss auf das globale Klima haben könnte. Frühere Studien hatten gezeigt, dass in den wärmeren Zeiträumen des Pliozäns diese Kaltwasserzunge nicht existierte und dadurch sozusagen ein fortwährender El Niño im äquatornahen Pazifik herrschte. "Die höheren Breitengrade unterliegen gerade gravierenden Klimaveränderungen, und unseren Daten zufolge könnte sich dadurch das tropische Klima ähnlich wie im Pliozän verändern", fügt Dr. McClymont hinzu. Basierend auf der neuen Studie vermuten die Forscher, dass die Kaltwasserzunge durch die Erderwärmung allmählich zurückgehen könnte. Das Pliozän gilt daher als Beispiel, wie die Erde bei anhaltender Erwärmung in Zukunft aussehen könnte.
Länder
Spanien, Vereinigtes Königreich