Niedrig dosierte Strahlung als Ursache für Herzerkrankungen und Schlaganfall
Die Risiken von Herzerkrankungen und Schlaganfall durch niedrig dosierte Strahlung z.B. in Krankenhäusern oder bei zahnärztlichen Röntgenaufnahmen wurden bislang grob unterschätzt, so das Ergebnis einer teils durch die Europäische Kommission finanzierten Studie. Die vergangene Woche im Fachblatt Public Library of Science (PLoS) Computational Biology veröffentlichten Ergebnisse bestätigen frühere Studien zu strahlungsbedingten Risiken bei Mitarbeitern von Kernkraftwerken. Das Forscherteam am Imperial College London, Vereinigtes Königreich, entwickelte ein Computermodell zur Vorhersage von Herz-Kreislauf-Risiken durch niedrig dosierte Strahlung. Herzerkrankungen und Schlaganfall, die beiden häufigsten Todesursachen in entwickelten Industrieländern, stehen, wie das Modell zeigte, in starkem Zusammenhang mit der empfangenen Strahlendosis. Die Studie ist Teil des fünfjährigen EU-finanzierten Projekts CARDIORISK (Wirkmechanismen kardiovaskulärer Risiken nach Niedrig-Dosis-Strahlenexposition), das mit 3,8 Mio. EUR unter dem Themenbereich Euratom-Kernspaltung des Siebten Rahmenprogramms (RP7) gefördert wurde. Herzerkrankungen und Schlaganfall mit Todesfolge oder Schwerbehinderung sind eine enorme Belastung für die Gesundheitssysteme der Industrienationen. Allein im Vereinigten Königreich sind Herzerkrankungen Todesursache Nummer 1 und fordern jährlich mehr als 125.000 Opfer. Obwohl Herzerkrankungen hauptsächlich auf eine ungesunde Ernährungsweise zurückgeführt werden, stellten die Autoren der Studie eine zunehmende Gefährdung beruflich vorbelasteter Gruppen wie Mitarbeiter von Kernkraftwerken fest. In der Forschung ist seit Längerem bekannt, dass Patienten, die eine hoch dosierte Strahlentherapie erhalten haben, häufiger an kardiovaskulären Erkrankungen leiden, da solche Therapien Entzündungen in Herz und Arterien verursachen können. Kürzliche Studien führen Herz-Kreislauf-Erkrankungen jedoch auf sehr viel niedriger dosierte Strahlendosen zurück, wie sie beispielsweise in Kernkraftwerken auftreten. Die Hintergründe für diesen Zusammenhang sind allerdings noch nicht geklärt. Das Forscherteam um Dr. Mark Little vom Imperial College London untersuchte die Hypothese, dass Bestrahlung ein Absterben der Monozyten (eine bestimmte Art von weißen Blutzellen) in den Arterienwänden bewirkt, die ansonsten an das Protein MCP-1 (Monozyten-chemoattraktiven Protein-1) binden würden. Im Ergebnis dessen verursachen höhere MCP-1-Konzentrationen Entzündungsreaktionen, die zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Wie die Autoren der Studie erklärten, bestehe "ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen für eine Reihe beruflich exponierter Gruppen, die fraktionierter Strahlung in niedrigen Dosen ausgesetzt sind. Auf welche Weise es zu den Schäden durch fraktionierte Niedrig-Dosis-Strahlenexposition kommt, ist jedoch noch weitgehend ungeklärt." Geplant ist die weitere Erforschung der biologischen Prozesse, die strahlungsbedingten Herzerkrankungen zugrunde liegen.
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Vereinigtes Königreich