Erforschung von Pflanzenwurzeln
Ein internationales Team von Wissenschaftlern aus Europa, Asien und den Vereinigten Staaten enthüllte neue Informationen über das Wachstum und die Entwicklung von Pflanzenwurzeln. Sie untersuchten insbesondere, auf welche Weise Wurzeln seitwärts aus der Hauptwurzel heraus in den Boden wachsen. Ihre Entdeckung eröffnet neue Forschungsmöglichkeiten zur Züchtung neuer Nutzpflanzen, die durch eine vorteilhaftere Wurzelstruktur bessere Überlebenschancen auf schwierigen Böden haben. Wurzeln versorgen die Pflanzen, die uns als Nahrungsgrundlage dienen, mit Wasser und Nährstoffen. Sie verankern die Pflanze fest im Boden gegen heftige Windstöße und dienen als Reservespeicher in Notzeiten. Derartige Eigenschaften ermöglichten überhaupt erst den agrarwirtschaftlichen Nutzpflanzenanbau. Eine vor kurzem in der Fachzeitschrift Nature Cell Biology veröffentlichte Studie legte erstmals dar, auf welche Weise Pflanzen Seitenwurzeln ausbilden. Die Ergebnisse belegten, dass neue Seitenwurzeln in der Lage sind, die darüber liegenden Zellen so "umzuprogrammieren", dass sie sich häufiger teilen, um somit den Weg für die neuen Wurzeln freizumachen. Seitenwurzeln stehen, wie der Name schon andeutet, horizontal zur Primär- bzw. Hauptwurzel und sorgen für festen Halt im Boden. Bevor sie ins Erdreich vordringen können, arbeiten sie sich senkrecht durch mehrere Gewebeschichten hindurch. Erst, wenn sie dies erreicht haben, richten sie sich seitwärts aus auf der Suche nach Nährstoffen und Wasser, um die Pflanze zu ernähren. Auf ihrem Weg durch das Erdreich wachsen die Wurzeln dann auf sehr unterschiedliche Weise, um die jeweils verfügbaren Nährstoffe aufzunehmen. Olivenbäume beispielsweise treiben mehrere Meter lange, horizontale Wurzeln aus dem Wurzelstock aus. Ohne diese Wurzeln, die ihnen Halt verleihen und sie mit Nährstoffen versorgen, könnten die Bäume nicht überleben. Die Studie wurde unter Leitung des Zentrums für Integrative Pflanzenbiologie der Universität Nottingham im Vereinigten Königreich durchgeführt, wobei man mit einem holistischen Ansatz an das Problem heranging. Für das Projekt konnten Studenten verschiedenster Fachrichtungen wie Mathematik, Ingenieur- und Computerwissenschaften sowie Pflanzenwissenschaften motiviert werden. So war es möglich, das Wurzelwachstum aus verschiedenen Perspektiven zu erforschen, angefangen bei der molekularen und zellulären Ebene bis hin zu den Pflanzenorganen. Das seitliche Wachstum von Wurzeln wird über das Pflanzenhormon Auxin (vom griechischen Wort auxano für "wachsen") gesteuert, das als lokales Induktionssignal fungiert und die benachbarten Zellen umprogrammiert. Auxin steuert die Expression von LAX3, das wiederum die Produktion von Enzymen veranlasst, die die Zellwand umgestalten. Dies bewirkt eine verstärkte Zellteilung, um den Weg für die Seitenwurzeln freizugeben. Professor Malcolm Bennett, Direktor der Abteilung Biologie am Zentrum für Integrative Pflanzenbiologie und Leiter der Abteilung für Pflanzen- und Nutzpflanzenwissenschaft glaubt, dass Wissenschaftler aufbauend auf diesen neuartigen Erkenntnissen über Seitenwurzeln noch viele weitere Entdeckungen machen könnten. Sein Kommentar zur vorliegenden Publikation: "Neben neuen biologischen Erkenntnissen über das Wachstum von Seitenwurzeln haben wir eine große Anzahl von Genen identifiziert, die diesen Prozess steuern. Das ist wirklich wichtig, denn damit könnte es uns gelingen, demnächst Nutzpflanzen mit einer deutlich verbesserten Wurzelstruktur zu züchten." Die Studie kam durch gemeinsame Bemühungen eines internationalen Konsortiums von mehr als 20 Wissenschaftlern aus Laboren in Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Schweden, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten zustande.