Debatte um Biokraftstoffe geht weiter
Die für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zuständige EU-Kommissarin Mariann Fischer Boel bestätigte auf dem Kongress "World Biofuels Markets" am 13. März in Brüssel erneut die positive Haltung der Europäischen Union zu Biokraftstoffen. Sie betonte, dass Biokraftstoffe einen bedeutenden Beitrag zur EU-Politik für erneuerbare Energien leisteten und eine "wichtige Waffe im Kampf gegen den Klimawandel" seien. "Manche Menschen betrachten das Konzept Biokraftstoffe als Geniestreich schlechthin. Wenn sie das Wort Biokraftstoffe hören, haben sie glänzende, moderne Produktionsanlagen vor Augen, Städte, in denen man wieder frei durchatmen kann und glückliche Bauern mit einem guten Verdienst in der Tasche. Für andere wiederum sind Biokraftstoffkampagnen der reine Irrsinn", fügt Kommissarin Fischer Boel hinzu. Dabei bezieht sie sich auf Umweltaktivisten, die vor steigenden Lebensmittelpreisen und der Konkurrenz zwischen Nahrungsmitteln und Kraftstoffen warnen und vor Biokraftstoffen, die nicht ausreichend Energie liefern, um ihre Produktion zu rechtfertigen. "Diese Leute denken beim Wort Biokraftstoffe an abgeholzte Regenwälder und wertvolles Erntegut, das als Treibstoff für Geländewagen herhalten muss." Der Beginn des Kongresses wurde durch Aktionen von Biokraftstoffgegnern geprägt, die den Eingang der Ausstellungshalle zu blockieren versuchten. Aufgerufen zu der Aktion hatte die Aktivistengruppe "Agrofools", die damit ihre Zweifel zur Umweltfreundlichkeit von Biokraftstoffen ausdrücken wollte. "Tatsächlich werden Biokraftstoffe unsere Abhängigkeit von Öl noch weiter manifestieren und dafür sorgen, dass die ungerechte Verteilung von Rohstoffen erhalten bleibt", war auf einem Flyer zu lesen, den die Agrofools vor der Ausstellungshalle verteilten. "Biokraftstoffe sind ein kontroverses Thema, und kontrovers ist auch die Politik Europas in dieser Hinsicht", betonte Frau Fischer Boel. "Allerdings basiert sie auf einer sehr soliden Rechtfertigungsgrundlage, und jeder in diesem Sektor inner- und außerhalb der Europäischen Union kann sicher gehen, dass es keine Kehrtwende in dieser Politik geben wird. Biokraftstoffe sind weder genial noch verrückt. Es handelt sich um eine reale Politik für eine reale Welt, und ich denke, sie sind ein wertvolles neues Werkzeug in unserem Werkzeugkasten." Kommissarin Fischer Boel und andere Redner auf der Eröffnungsveranstaltung betonten jedoch auch die wichtige Rolle einer umweltfreundlichen Produktion von Biokraftstoffen. Lord Ronald Oxburgh, Vorstandsvorsitzender des Biodiesel-Herstellers D1 Oils und ehemaliger Vorstandsvorsitzender von Shell sieht voraus: "Die Biokraftstoffe der Zukunft sind vielleicht absolut umweltfreundlich, aber sie werden ganz sicher auch ziemlich teuer sein. Eine umweltfreundliche Biokraftstoffproduktion ist abhängig von einer integrierten Agrarproduktion, die auf die Ideale des 18. und 19. Jahrhundert zurückgeht, als man kein Erntegut wegwarf und alle Teile der geernteten Pflanze nutzte. In Zukunft wird eine Ernte also zu unterschiedlichen Anteilen aus Agrarpflanzen für die Ernährung, für Rohstoffe und für Treibstoff bestehen und die Pflanzensorte auf den lokalen Bedarf abgestimmt sein." Lord Oxburgh schlug auch vor, organische Materialien aus industriellem und städtischem Abfall sowie Algen als neue und nachhaltigere Quellen für Biokraftstoffe zu nutzen. EuropaBio, der europäische Verband der Bioindustrie, betonte ebenfalls, wie wichtig eine nachhaltige Biokraftstoffproduktion sei. Die Biotechnologie kann eine solche Nachhaltigkeit unterstützen, so der Verband, indem mittels biotechnologischer Verfahren der Biomasseertrag pro Hektar Land und die Erntequalität gesteigert werden, um eine bessere Kraftstoffausbeute zu erzielen. Auch werden sie für die Entwicklung neuartiger Energiegetreide in Gebieten eingesetzt, die vorher für die landwirtschaftliche Nutzung ungeeignet waren, und zur Entwicklung von Mikroorganismen und Enzymen, die den Produktionsprozess von Biokraftstoffen ankurbeln. "EuropaBio unterstützt mit allen Kräften die Entwicklung von Umweltkriterien für Biokraftstoffe", fügt Johan Vanhemelrijck, Generalsekretär von EuropaBio, hinzu. "Auf jeden Fall ist es sehr wichtig, dass diese Umweltkriterien technologieneutral, transparent, wissenschaftlich fundiert und klar definiert sind." Presseberichten zufolge beraten die Staats- und Regierungschefs auf dem gerade stattfindenden EU-Gipfel gerade über die Möglichkeit, den Zeitplan für Biokraftstoffe noch einmal anzuziehen. Die EU-Mitgliedstaaten wollen voraussichtlich bis zum Jahr 2020 10% ihres gesamten Transportkraftstoffs auf Biokraftstoffe umgestellt haben.