Systeme für mehr Sicherheit beim Fahrradfahren
Radfahren macht Spaß und ist gesund, aber auch potenziell gefährlich. In den Jahren von 2010 bis 2016 erlitten rund 2 000 europäische Radfahrer tödliche Verletzungen bei Unfällen. In den meisten Fällen waren Vorfälle unter Beteiligung von Kraftfahrzeugen die Ursache. Gegenwärtig sind wenige Sicherheitssysteme für Radfahrer vorhanden und diejenigen, die es gibt, weisen Einschränkungen auf. So sind zum Beispiel Infrastrukturlösungen, die Kameras zur Erkennung von Radfahrern einsetzen, unzuverlässig. Des Weiteren sind die an Fahrrädern und in Fahrzeugen verfügbaren Systeme weder in der Lage, mit anderen Systemen zu interagieren noch Informationen untereinander auszutauschen. Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts XCYCLE wurden die Mängel von Sicherheitssystemen für Fahrräder katalogisiert und Ersatzsysteme entwickelt. Die neuen Geräte funktionieren separat, können aber auch integriert werden und so ein akkurates Sicherheitssystem bereitstellen. „Wir haben mit einer Überprüfung und technischen Bewertung aller derzeit verfügbaren Sicherheitstechnologien für Fahrräder begonnen“, sagt der Projektleiter Professor Luca Pietrantoni. „Des Weiteren haben wir Unfallstatistiken aus zehn EU-Ländern analysiert, um die Szenarien mit dem höchsten Gefahrenpotenzial bei Interaktionen zwischen Fahrrädern und Kraftfahrzeugen zu ermitteln.“ An erster Stelle stehen die Situationen, in denen Fahrzeugführer abbiegen, wenn sich Radfahrer in ihrem toten Winkel befinden – eine Situation, die für 35 % aller Todesopfer unter Radfahrern verantwortlich zeichnet. Neue Sicherheitssysteme Das Team von XCYCLE entwickelte und testete drei separate Gruppen von Sicherheitssystemen: sensorbasierte Erkennungssysteme, Warnsysteme und Verkehrssteuerungsalgorithmen. Bei der ersten Gruppen kommen Sensoren und Kameras zum Einsatz, um die Anwesenheit von Radfahrern zu erkennen. Die Innovation beinhaltet ein Stereovisionssystem zur Erkennung von Bewegungen an Kreuzungen sowie ein Ultra-Breitband-Kommunikationssystem, das die Positionen von Radfahrern bestimmt. Zusammen bieten die beiden Technologien ein vollständiges dynamisches Bild einer Kreuzung und schaffen die Möglichkeit, Radfahrer zu erkennen und nachzuverfolgen. Darüber hinaus entwickelten die Forscher ein im Fahrzeug installiertes System, das vor Radfahrern warnt, die sich im toten Winkel des Fahrzeugs befinden. Dieser Detektor ist insbesondere für große Lastkraftfahrzeuge beim Abbiegen an Kreuzungen relevant. Eine zweite Gruppe an Systemen nutzt von Sensoren erfasste Daten, um Fahrwege vorherzusagen und Risiken zu bewerten. Informationen werden unter Nutzung von kabellosen Kommunikationssystemen zwischen Fahrzeugen, in der Nähe befindlicher Infrastruktur und Radfahrern ausgetauscht. Die endgültige Entwicklung ist ein patentiertes Algorithmenmodul für das System Green Wave, genannt ImFlow. Green Wave erkennt Radfahrer und berechnet ihre Annäherungsgeschwindigkeit an eine Kreuzung. Anschließend verwaltet das System die Ampeln in einer Art und Weise, dass Radfahrer nicht anhalten müssen, sondern in einer grünen Welle über eine Reihe von Kreuzungen fahren können. ImFlow verbesserte die Vorhersage der Zeit, bis die Ampel auf Grün schält und wies im Vergleich mit anderen Algorithmen eine um 11 % höhere Verkehrseffizienz auf. Die Innovation hatte keine negativen Auswirkungen auf den sonstigen Verkehr, konnte aber die Wartezeiten für Radfahrer verkürzen und die Anzahl der Radfahrer, die eine Kreuzung in jedem Zyklus überquerten, erhöhen. Systemintegration und die Zukunft „Eine wichtige Errungenschaft von XCYCLE“, fügt Prof. Pietrantoni hinzu, „ist die Zusammenführung unterschiedlicher Sicherheitssysteme.“ Funkgeräte in Fahrzeugen und an Fahrrädern tauschen Informationen zwischen verschiedenen Verkehrsteilnehmern aus. „Zusammen können die verknüpften Technologien die Schwächen jedes Systems im Alleinbetrieb überwinden.“ Darüber hinaus hilft das System dabei, falschen Alarm zu vermeiden und die Belastung der Verkehrsteilnehmer mit effektiven Warnungen zu reduzieren. Das Projekt XCYCLE verfolgte keine kommerziellen Ziele. Die Erkenntnisse und Werkzeuge aus dem Projekt werden jedoch von der im November 2018 von der europäischen Überwachungsstelle für Verkehrssicherheit gestarteten Initiative weiter genutzt, um die Arbeit in Richtung der von der Europäischen Kommission gesetzten Ziele „Vision Null“ fortzusetzen. Die neuen Systeme könnten schlussendlich zum Standard werden und dazu beitragen, alle Verkehrsteilnehmer zu ermitteln und Gefahren für Radfahrer zu vermeiden. Das bedeutet mehr Sicherheit und Effizienz beim Radfahren.
Schlüsselbegriffe
XCYCLE, Sicherheitssystem, Kreuzung, Radfahren, Verkehrsteilnehmer, Motorfahrzeug, toter Winkel, Green Wave, ImFlow, Fahrradsicherheit, Verkehrsmanagement