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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Nanotechnologie: Fluch oder Segen für die Umwelt?

Über das Potenzial der Nanotechnologie, unseren Alltag zu revolutionieren, ist in der Öffentlichkeit bereits viel diskutiert worden. Die bahnbrechendsten Veränderungen soll die Nanotechnologie bei Werkstoffen, im Bereich der Überwachung und im Gesundheitswesen bewirken. Wenn m...

Über das Potenzial der Nanotechnologie, unseren Alltag zu revolutionieren, ist in der Öffentlichkeit bereits viel diskutiert worden. Die bahnbrechendsten Veränderungen soll die Nanotechnologie bei Werkstoffen, im Bereich der Überwachung und im Gesundheitswesen bewirken. Wenn man die Debatten über mögliche negative Auswirkungen von Innovationen im Nanometerbereich verfolgt, könnte man auf den ersten Blick zu der Überzeugung gelangen, dass die Umwelt im Zuge der Nanorevolution den Kürzeren ziehen wird. Wissenschaftler, die Untersuchungen zu Anwendungsmöglichkeiten der Nanotechnologie im Bereich Umwelt durchführen, sind jedoch anderer Ansicht. Vor unbekannten Auswirkungen von Nanopartikeln auf die Gesundheit des Menschen und die Umwelt ist bereits des Öfteren gewarnt worden. Daher wurde von vielen Seiten gefordert, im Rahmen der Nanoforschung Studien zur Ökotoxizität durchzuführen. Gefahren können sich möglicherweise aus folgenden Faktoren ergeben: potenzielle Verbreitung von Nanopartikeln und daraus resultierende Belastung von Mensch und Umwelt, unter Umständen erhöhte chemische Reaktivität, Partikel könnten als Träger für Schadstoffe fungieren und somit zu deren rascher und weitreichender Verbreitung führen, Schwierigkeiten bei der Entsorgung des Nanomaterials am Ende seines Lebenszyklus. Wissenschaftler, die auf dem relativ unbekannten Gebiet der Nanoanwendungen im Umweltbereich tätig sind, sind überzeugt, dass die Nanotechnologie nicht zwangsläufig der Umwelt schadet. Studienergebnisse belegen, dass nanotechnologische Anwendungen nicht nur der Kontrolle und Vorbeugung von Umweltverschmutzung, sondern auch der Beseitigung von Schadstoffen, die bereits in die Umwelt gelangt sind, dienen können. Wenn man bedenkt, dass sich Politiker zunehmend mit Fragen der Emissionsreduzierung und des Umweltschutzes befassen, ist es äußerst erstaunlich, dass Diskussionen über einen möglichen Beitrag der Nanotechnologie bislang ausgeblieben sind. Im Jahr 2004 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Aktionsplan zum Thema Umwelttechnologien, in dem deren Potenzial verdeutlicht und die bedeutende Rolle der Nanotechnologie hervorgehoben wird. Darüber hinaus finanzierte die Kommission unter dem Sechsten Rahmenprogramm (RP6) zahlreiche Projekte in diesem Bereich. David Rickerby vom Institut für Umwelt und Nachhaltigkeit der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) der Europäischen Kommission betonte, Länder wie die USA und Japan seien Europa in Bezug auf Nanoanwendungen im Umweltbereich weit voraus. "In Japan hat man erkannt, dass die Nanotechnologie Lösungen für die verschiedensten Probleme bietet. Außerdem ist den Japanern bewusst, dass dieser Bereich über ein riesiges Marktpotenzial verfügt. Dies trägt zusätzlich zur Intensivierung der Forschungsanstrengungen bei", erklärte Dr. Rickerby CORDIS-Nachrichten. "Dieser Bereich ist in Europa in gewisser Weise unterfinanziert. Im Gegensatz zu Nordamerika liegt der Fokus in Europa auf den Gesundheitsanwendungen und Risiken von Nanopartikeln. Dies ist gewiss keine unkluge Entscheidung, führt allerdings dazu, dass die Erforschung von Nanoanwendungen, die sich vorteilhaft auf die Umwelt auswirken, in Europa vergleichsweise vernachlässigt wird, während die USA auf diesem Gebiet sehr aktiv ist", so Dr. Rickerby. Er wies ferner darauf hin, dass andere Nanoanwendungen, die Vorteile etwa im medizinischen Bereich oder im verarbeitenden Gewerbe bringen, über die Europäischen Technologieplattformen gezielt von der EU gefördert werden. In Europa seien jedoch im Hinblick auf Nanoanwendungen im Umweltbereich einige Durchbrüche erzielt worden. Ein britisches Unternehmen verwendet Nanopartikel in Anstrichfarbe. Die Anstrichfarbe ist selbstreinigend und kann Schadstoffpartikel aus der Luft filtern. Ecopaint soll den Gehalt von Stickstoffoxiden in der Luft, die für Atemprobleme und Smog verantwortlich sind, senken. Die Fachzeitschrift "New Scientist" berichtete 2004, wie die Anstrichfarbe funktioniert: "Der Grundstoff der Farbe ist Polysiloxan, ein Polymer auf Silikonbasis. Das Polysiloxan enthält 30 Nanometer große, kugelförmige Partikel aus Titaniumdioxid und Kalziumkarbonat. [...] Die Polysiloxanbasis ist so durchlässig, dass Stickstoffoxide in die Farbe eindringen und sich an die Titaniumdioxidpartikel heften können. Die Partikel absorbieren die ultravioletten Strahlen des Sonnenlichts und nutzen die aufgenommene Energie, um das Stickstoffoxid in Salpetersäure umzuwandeln." Die Säure wird anschließend entweder vom Regen weggespült oder durch alkalische Kalziumkarbonatpartikel neutralisiert. Die Entwicklung von Testverfahren, in denen überprüft wird, ob neue und innovative Produkte tatsächlich die versprochene Wirkung erzielen, wäre nach Ansicht von Dr. Rickerby eine guter Ansatzpunkt, um die internationale Zusammenarbeit bei Nanoanwendungen im Umweltbereich zu stärken. Bis es soweit ist, liegt der Schwerpunkt auf der gesamteuropäischen Zusammenarbeit im Rahmen von drei RP6-Projekten: PICADA, NANOS4 und AMBIO. Das Projekt PICADA (Photocatalytic Innovative Coverings Applications for De-pollution Assessment), an dem sich die GFS beteiligt, versucht Lösungen für das Problem der Fassadenverschmutzung und -verfärbung zu finden, die in den vergangenen Jahrzehnten aufgrund der Luftverschmutzung zugenommen hat. Die Fassadenverschmutzung wirkt sich nachteilig auf die Qualität der städtischen Umwelt aus und erhöht die Lebenszykluskosten von Gebäuden. Das Projektteam entwickelt anhand von Photokatalyse unter Verwendung von Titaniumdioxiden innovative Materialien, die selbst- und luftreinigende Eigenschaften aufweisen und auf Fassaden auftragen werden können. Auch das Projekt AMBIO (Advanced Nanostructured Surfaces for the Control of Biofouling) befasst sich mit Anstrichen. Im Rahmen des integrierten Projekts, an dem 31 Partner beteiligt sind, werden Antibewuchsanstriche entwickelt, die sich durch ihre physikalisch-chemischen Nanoeigenschaften auszeichnen und keine umweltschädlichen Biozide enthalten. Bislang wurde dem Bewuchs von Schiffen durch Auftragung von Anstrichen vorgebeugt, die Giftstoffe enthielten, um Meeresorganismen fernzuhalten. Gemäß den jüngsten Verordnungen dürfen Antibewuchsantriche jedoch die Umwelt nicht schädigen. Daher wird derzeit nach umweltfreundlichen Methoden geforscht, um zu verhindern, dass sich Meeresorganismen am Schiffsrumpf anlagern. Wichtigstes Ziel des Projekts NANOS4 (Nano-structured solid-state gas sensors with superior performance) ist es, durch den Einsatz eines Gassensorsystems einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Das Projektteam entwickelt innovative Metalloxid-Gassensorsysteme mithilfe von fortschrittlicher Mikro- und Nanotechnologien. Die Sensoren werden unter Anwendung von Nanotechniken wie dem "Kristallwachstum während des Transportprozesses in der Dampfphase" hergestellt. Im Rahmen der europäischen Grünen Woche vom 12. bis 15. Juni findet eine Veranstaltung zum Thema "Nanotechnology: Environmental technology for the future?" ("Nanotechnologie: Umwelttechnologie der Zukunft?") statt, in der die Rolle der Nanotechnologie bei der Bewältigung von Umweltproblemen eingehender erörtert wird.

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