Notfallmanagementdienste mithilfe von Crowdsourcing
In den letzten 30 Jahren hat die Zahl der klimabedingten Katastrophen auf der Welt ein nie da gewesenes Niveau erreicht. Allein in den letzten zehn Jahren haben extreme Wetterbedingungen weltweit 700 000 Todesfälle und finanzielle Verluste von mehr als 1,5 Billionen EUR zur Folge gehabt. Es wird immer schlimmer: Durch den Klimawandel werden extreme Wetterbedingungen noch häufiger auftreten und länger anhalten. „Durch die höhere Verdunstung wird sich mehr Wasserdampf in der Atmosphäre befinden, wodurch es mehr Niederschlag gibt. Zusammen mit einer raschen Schneeschmelze erhöht sich somit die Wahrscheinlichkeit für Hochwasser“, so Fabrizio Dominici, Projektkoordinator bei I-REACT (Improving Resilience to Emergencies through Advanced Cyber Technologies). „Höhere Temperaturen werden außerdem zu mehr Flächenbränden und anderen Katastrophen führen.“ Nach Aussage von Dominici sind die aktuellen Risikomanagementsysteme bei großen klimabedingten Katastrophen nur bedingt wirksam. „Trotz des technischen Fortschritts und der Vielzahl der vorhandenen Daten bietet keine Plattform eine Echtzeitintegration und -analyse aller verfügbaren Daten, mit denen die Vorhersage von und der Umgang mit Katastrophen verbessert werden können“, sagt er. Beim Projekt I-REACT handelt es sich um die erste europaweite Plattform, die ein breites Spektrum an Daten einbezieht (d. h. vom Erdbeobachtungsprogramm Copernicus sowie Wetter- und Klimadiensten), welche aus unterschiedlichen Quellen stammen. Dazu gehören auch Informationen, die von Bürgern über soziale Medien und Crowdsourcing übermittelt werden. Durch diesen mehrgleisigen Ansatz können entscheidende Informationen schneller herausgegeben werden. Außerdem kann die Bürgerbeteiligung von Katastrophenschutzdiensten und politischen Entscheidungsträgern genutzt werden, um Katastrophen wirksam zu verhindern und/oder auf diese zu reagieren. Erhöhte Aufmerksamkeit und stärkere Bürgerbeteiligung Mit I-REACT soll die Resilienz der Gesellschaft gegen Naturgefahren gestärkt werden. Dazu werden neuartige, soziotechnische Ansätze und Cybertechnologien genutzt. Dank des Systems können Ersthelfer vorhandene Systeme in Funktionen einbinden, die auf der Analyse von umfangreichen Daten und Diensten aus Europa basieren. Mit I-REACT lässt sich zum Beispiel eine europaweite Risikoberechnung mit hoher geografischer Auflösung erstellen, bei der kritische Infrastrukturen, die Landbedeckung, Naturgefahren, Wettervorhersagen und von Nutzern generierte Inhalte in sozialen Netzwerken berücksichtigt werden. „I-REACT bindet vorhandene Notfallmanagementsysteme und verschiedene Datenquellen ein, z. B. Erdbeobachtungen, soziale Medien, erweiterte Realität, Wearables und Drohnen“, erklärt Dominici. „Ergebnis dessen sind eine erhöhte Aufmerksamkeit und eine stärkere Bürgerbeteiligung, was extrem wichtig für eine effektivere Bewältigung von Krisen ist, die vor, während und nach Notfällen auftreten.“ Im Rahmen des Projekts wurde außerdem eine mobile Anwendung entwickelt (verfügbar im Google Play Store), mit der Bürger Naturereignisse und -gefahren melden und Berichte anderer Nutzern einer ersten Beurteilung unterziehen können. Damit mehr Menschen das System nutzen, bietet die Anwendung mehrere unterhaltsame Quiz und ein Bonusprogramm. Sie ist außerdem ein leistungsfähiges Tool, um Bürger vor möglichen Risiken zu warnen und mit Notfallinformationen zu versorgen. Marktreife erreicht Obwohl das Projekt noch nicht abgeschlossen ist, hat es bereits zahlreiche wichtige Ergebnisse erzielt. „In rund zwei Jahren konnten wir ein sehr innovatives und betriebsbereites Notfallmanagementsystem entwickeln, implementieren und bereitstellen, das kurz nach Ende des Projekts effektiv genutzt und vermarktet werden kann“, fügt Dominici hinzu.
Schlüsselbegriffe
I-REACT, Klimawandel, Notfallmanagementsysteme, Crowdsourcing