Eine hocheffiziente Turbine verwandelt warmes Abwasser in Strom
Fabriken, Kraftwerke, Datenzentren und Frachtschiffe setzen Abwärme frei, die als nützliche Energiequelle genutzt werden könnte. Wenn eine effiziente und kosteneffektive Methode entdeckt würde, mit der diese Abwärme eingefangen und genutzt werden könnte, wären erhebliche Kraftstoffeinsparungen und geringere CO2-Emissionen möglich. Es gibt Methoden, um sowohl primäre als auch sekundäre Abwärme (unter 100 ºC) nutzbar zu machen, mit fallenden Temperaturen sinkt jedoch die Effizienz und steigen die Kosten. Jetzt wurde im Zuge des EU-finanzierten Projekts THE EXERGYN DRIVE eine Technik entwickelt, mit der Abwärme unter 100 °C effizient genutzt werden kann. Die neu entwickelte, bahnbrechende, energieeffiziente Turbine läuft ausschließlich mit warmem Wasser. Intelligente Materialien für die Energieernte Der Schlüssel für den gesamten Prozess zur Gewinnung elektrischer oder mechanischer Energie aus sekundärer Abwärme ist die Verwendung einer Formgedächtnislegierung mit der Bezeichnung Nitinol. Bei Erwärmung mit einer Temperatur, die typischerweise unter 100 °C liegt, tritt bei diesem Material ein Phasenübergang ein und es kehrt bei Abkühlung in seine ursprüngliche Form zurück. „Im Kern der Turbine werden Nitinol-Leitungen, die an einen Kolben angebracht sind, mit warmem und kaltem Wasser durchspült, sodass sich die Leitungen ausdehnen und zusammenziehen und eine Kolbenbewegung entsteht. Die zyklische Erwärmung und Abkühlung mehrerer Nitinol-Stränge im Kern der Turbine erzeugt einen Schub, der ein Hydrauliksystem betreibt, das einen Generator dreht, um Strom zu erzeugen“, erklärt Dr. Kevin O’Toole, Director of Research and Development bei Exergyn Ltd. Die Turbine erzeugt aus etwa 200 kW Wärmeenergie des warmen Abwassers 10 kW Strom. Es wurde viel Arbeit in die Perfektionierung des Designs und die Modifizierung des Materials investiert, damit dieses auch über mehrere Millionen Zyklen hinweg funktioniert. Bis dato haben die Forscher bei Exergyn eine Nitinol-Leitung getestet, die 10 Millionen Zyklen ohne Leistungsabbau schaffte. Hierdurch wurde die langfristige Machbarkeit der Turbine in fundamentaler Weise unter Beweis gestellt. Eine revolutionäre Technik Bestehende Systeme zur Wärmerückgewinnung nutzen zur Erzeugung von Strom aus der Abwärme von Fertigungsanlagen typischerweise das „Organic Rankine Cycle“-Verfahren (ORC). Auch wenn die Technik gut bei Temperaturen zwischen ca. 200 und 300 °C funktioniert, ist sie für die Erzeugung von Strom aus sekundärer Abwärme in Form von warmem Wasser bei Temperaturen von weniger als 100 °C eher ungeeignet. „Je nach Bedienung kann unser System bei Temperaturen unter 100 °C das ORC-Verfahren um den Faktor 3 bis 6 übertreffen, sodass es wirtschaftlich sinnvoll ist. Die Technik ist außerdem nicht auf die Verwendung von Wärmetauschern angewiesen, das bedeutet, dass die Turbine kompakter sein kann und keine toxischen Gase eingesetzt werden müssen“, sagt Dr. O’Toole. Den Unterschied ausmachen Die weltweit jährlich erzeugte Menge an Abwärme entspricht dem Stromverbrauch von 12 Jahren in der EU. Es gibt derzeit keine andere gute Technik für die effektive Verwertung sekundärer Abwärme. Wenn die bahnbrechende Turbine von THE EXERGYN DRIVE vollständig ausgearbeitet wurde, wird warmes Abwasser eingefangen und nutzbar gemacht, um die Kosten zu senken und die globalen Kohlendioxidemissionen um 2 % zu verringern. Im Rahmen von Projekt THE EXERGYN DRIVE wird damit gerechnet, dass eine kommerzielle Lösung auf dem weltweiten Markt für solche Turbinen in den nächsten Jahren 440 Milliarden EUR schwer sein könnte. Abgesehen von der Nutzung von Abwärme aus der Biogasindustrie hoffen die Projektpartner, dass die Turbine schon bald auf den Erdwärme- und maritimen Markt übertragen werden kann.
Schlüsselbegriffe
THE EXERGYN DRIVE, warmes Abwasser, Strom, sekundäre Abwärme, Formgedächtnislegierung