Neutronenstern oder Schwarzes Loch – was entsteht, wenn Sterne kollabieren?
Ist ein Stern schwerer als 260-300 Millionen Sonnenmassen, wird aus ihm ein Schwarzes Loch. Unterhalb dieser Masse sind die Dinge jedoch etwas komplexer. Beträgt die Masse 8 bis 140 Sonnenmassen, kann der kollabierende Stern zum Schwarzen Loch, aber auch zum zentralen Neutronenstern werden. Die Frage lautet: Wo liegt die Grenze bzw. wann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass statt eines zentralen Neutronensterns ein Schwarzes Loch entsteht? "Wir haben intensiv über die Endphasen der Sternentwicklung geforscht", sagt Friedrich Thielemann, emeritierter Professor für Theoretische Physik an der Universität Basel in der Schweiz, "und wissen, dass masseärmere Sterne zu weißen Zwergen werden. Wir wissen auch, dass Sterne mit mehr als 8 Sonnenmassen nach dem Kollaps einen Eisenkern haben. Was wir noch nicht wissen, ist, wann nach dem Gravitationskollaps eine Supernovae (zentraler Neutronenstern) und wann ein Schwarzes Loch entsteht. Die jüngsten Beobachtungen von Gravitationswellen mittels LIGO (Laserinterferometer Gravitationswellen-Observatorium) hatten die Existenz Schwarzer Löcher belegt, die nur 30 Sonnenmassen oder sogar noch weniger wiegen. Für seine Forschungen beschäftigte sich Prof. Thielemann auch mit Kernphysik, Instabilität, Zustandsgleichung dichter Objekte, 3D-Magnetohydrodynamik, Neutrinostrahlung und computergestützten Berechnungsmethoden. Im ersten Projektjahr entwickelte er Datenbanken mit nuklearen Gleichungen von Zustands- und Kernreaktionen in der Nuklidkarte. Sein Team erstellte einen IDSA-Code (Isotropic Diffusion Source Approximation) für den mehrdimensionalen Neutrinotransport. Weiterhin führte er einen detaillierten Codevergleich für magnetohydrodynamische Simulationen des Kernkollapses und Nukleosyntheseberechnungen für Magnetare/Kollapsare und Neutronensternfusionen durch, um die zeitliche Entwicklung der schwersten Elemente bei der Entstehung von Galaxien zu erforschen. Der schwierige Teil der Forschungen waren Modelle zur Entstehung von intermediären Massen und Eisengruppenelementen in Kollapsaren/Hypernovae/Gammastrahlenausbrüchen: "Nachdem wir Modelle kollabierender Sterne für ein großes Massespektrum erstellt hatten, entdeckten wir einen (weichen) Übergang zur Bildung von Rückenlöchern, der bei weniger als 25 Sonnenmassen stattfindet, was aber wesentlich von der Kompaktheit des Hauptreihensterns abhängt", erklärt Prof. Thielemann. "So kann unter 25 Sonnenmassen auch ein Schwarzes Loch entstehen, und über dieser Masse eine Supernova-Explosion stattfinden." An mehrdimensionalen Modellen enthüllte die Gruppe auch einige Aspekte der Entstehung Schwarzer Löcher und berechnete Gravitationswellenemissionen. Ermittelt wurde, bei welcher Art von Explosion Materie ausgestoßen wird, wie die Zusammensetzung der Materie nach der explosiven Kernschmelze ist und wie sich damit die Existenz chemischer Elemente während der Entstehung von Galaxien erklären lässt. "Wir entdeckten zudem einen weiteren wichtigen Kanal, über den bei der Fusion zweier Neutronensterne ein Schwarzes Loch aus früheren Supernovae entstehen, die davor große Mengen sehr schwerer Elemente auswerfen", erzählt Prof. Thielemann begeistert. Die Forschungen von FISH (FaInt Supernovae and Hypernovae: Mechanism and Nucleosynthesis) lieferten neue Erkenntnisse darüber, in welcher Abundanz chemische Elemente bei der Entstehung von Galaxien gebildet werden, welche Elemente durch welche Art von Explosionen entstehen und wie sich diese Produktion mit der Zeit verändert. Seit Projektende im Dezember 2016 forscht die Gruppe intensiv zu den kürzlich von LIGO/VIRGO beobachteten Neutronensternfusionen, die auch als kurzzeitige Gammastrahlenausbrüche im nahen Infrarotspektrum gelten können.
Schlüsselbegriffe
FISH, schwarzes Loch, Neutronenstern, massereicher Stern, Sternentwicklung, Supernova, LIGO, Gravitationswelle, Gravitationskollaps