Strategien für Textilsammlungen, die Designer inspirieren
Modedesigner schöpfen ihre Inspiration aus verschiedenen Quellen. Eine wichtige Inspirationsquelle bilden Textil- und Bekleidungsarchive. Infolge der Deindustrialisierung und einer fehlenden Bewahrungskultur in der Textilindustrie ist jedoch eine erhebliche Anzahl dieser Archive verloren gegangen. Hinzu kommt, dass das verfügbare Material in der Regel nicht leicht zugänglich ist und somit weitgehend ungenutzt bleibt. Die Digitalisierung und die Erhaltung von Textilarchiven gehören zu den Arbeitsfeldern des EU-finanzierten Projekts TCBL (Textile and Clothing Business Labs Transformative Business Models for the Textile Clothing Sector). Ein TCBL-Pilotprogramm zum digitalen Erbe in diesem Industriezweig, das in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Prato in der Toskana durchgeführt wurde, veranschaulichte, wie die Textilsammlungen von Unternehmen mithilfe geeigneter Marketing- und Kommunikationsstrategien an Wert gewinnen können. Warum Prato? Pratos Textilgeschichte reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück. Auch heute noch ist die Textilindustrie ein wichtiger Faktor für die Wirtschaft in der Region. Prato hält weiterhin eine führende Stellung in Europa auf dem Gebiet der Garn- und Stoffproduktion für die Modeindustrie. Im Rahmen des Pilotprogramms zum digitalen Erbe wurden zehn Unternehmen in Prato ausgewählt, um potenzielle Innovationen und kreative Prozesse in Bezug auf die historischen Bestände zu erkunden. Dies umfasste die kreative Neuinterpretation des Textilerbes wie auch neue Marketingstrategien, die darauf abzielten, die Attraktivität der Textilsammlungen auf dem Markt zu steigern. Mit der Archivdigitalisierung erhielten die Unternehmen ein weiteres innovatives Instrument, auf das sie zugreifen konnten. Ermöglicht wurde dies durch Heritage Manager, eine kostenlose, quelloffene Software, die von CreativeWear entwickelt wurde – einem ergänzenden EU-Projekt, das ebenfalls in das Pilotprogramm eingegliedert war. Unternehmen waren dadurch in der Lage, ihre Musterbücher und Datenblätter digital zu kategorisieren und zu speichern. Durch die Digitalisierung wurden ehemals ungeordnete Sammlungen in Ressourcen umgewandelt, die von Designern und anderen interessierten Fachleuten als Inspiration für neue Entwürfe herangezogen werden können. Die Vorteile der Software lassen sich gut am Beispiel von Texmoda Tessuti erkennen, einem am Pilotprojekt beteiligten Unternehmen. Laut Francesca Nardi, der Nachhaltigkeits- und Kommunikationskoordinatorin von Texmoda, werden „rund 400 000 Textilien aus über 40 Jahren Unternehmensgeschichte“ in den hauseigenen Archiven aufbewahrt. „Wir möchten diese Ressource unbedingt besser ausschöpfen ... und natürlich auch die damit verbundenen Vorteile für das Marketing, die interne Organisation und den Kundendienst nutzen“, erläuterte sie in einer Pressemitteilung auf der Website „The Florentine“. Kreative Mitwirkung von internationalen Designern Die Berücksichtigung verschiedener Kulturen, Traditionen und Meinungen stellt einen zentralen Wert des Projekts dar. Dieser Wert wurde auch durch die vier internationalen Arbeitsaufenthalte verdeutlicht, die im Rahmen des Pilotprogramms stattfanden. Es wurden vier internationale Designer ausgewählt, die sich in Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen damit befassten, wie deren historische Archive innovativ erschlossen werden könnten. Die kreativen Arbeitsaufenthalte ermöglichten es den Designern, die Unternehmensarchive zu erkunden und ihre Inspirationen und Ideen weiterzugeben. Auch nach Ende des TCBL-Projekts im Juni wird die Arbeit fortgeführt. Die Verantwortung übernimmt nun die TCBL-Stiftung, die sich weiter um einen Wandel in der Bekleidungs- und Textilproduktion in Europa bemühen wird. Weitere Informationen: TCBL-Projektwebsite
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