Neue AKU-Behandlung nähert sich der Kommerzialisierung an
Die Geschichte bewegte die Menschen in ganz Europa: Vor fünf Jahren fand Nick Sireau, Vater zweier Kinder und Leiter einer gemeinnützigen Organisation, heraus, dass seine beiden Söhne an einer seltenen Krankheit mit der Bezeichnung AKU leiden, bei der sich Knorpel schwarz färben. Er gibt seine Arbeit auf, um ein Heilmittel zu finden, wird Vorstandsvorsitzender der Patientenforschungsgruppe AKU Society, die von einem Patienten namens Robert Gregory gegründet wurde, und hilft dabei, mehr als 6 Millionen EUR an EU-Fördermitteln zur Erforschung des Arzneimittels Nitisinon zu beschaffen. Zu der Zeit wurde Nitisinon bereits zur Behandlung einer anderen seltenen Krankheit verwendet und es war bekannt, dass das Arzneimittel die Homogentisinsäure (HGA) im Urin – ein chemischer Stoff, der während des Abbaus von Tyrosin gebildet wird, das sich bei AKU-Patienten ansammelt und schwere gesundheitliche Komplikationen verursacht – um 95 % senkt. Stand 2018: Das Projekt DevelopAKUre (Clinical Development of Nitisinone for Alkaptonuria), das mithilfe der AKU Society der Untersuchung von Nitisinon gewidmet ist und von der Royal Liverpool and Broadgreen University koordiniert wird, steht kurz davor, seine dritte Studie abzuschließen. Im Rahmen des Projekts wurde bereits erfolgreich eine angemessene Dosis für AKU-Patienten bestimmt, die Wirksamkeit der Behandlung bestätigt und herausgefunden, wann die Ochronose (der Prozess, der zur Morbidität von AKU führt) während des menschlichen Lebenszyklus einsetzt. Dr. Ranganath Lakshminarayan, Projektkoordinator, spricht über die bisherigen Ergebnisse und die Pläne zur Verlaufskontrolle. Wie würden Sie den derzeitigen Mangel an einer Behandlung für AKU erklären? Dies ist angesichts des verzögerten Fortschreitens und der mangelnden Feststellung der schwerwiegenden Morbidität im Kindesalter zunächst einmal historisch begründet: Kinderärzte sind in ihren Anstrengungen, eine Behandlung für AKU zu finden, langsam gewesen. Zum anderen wurde die erste Nitisinon-Interventionsstudie von der FDA – der regulatorischen Stelle in den USA – für nicht schlüssig erklärt, obwohl sich zeigte, dass das Arzneimittel die HGA im Urin um 95 % senkte. Dies könnte auf die geringe Anzahl von Patienten, die an der Studie beteiligt waren, das Fehlen einer korrekten Dosis Nitisinon bei AKU, das unvollständige Verständnis des natürlichen Verlaufs von AKU oder die Nutzung eines einzigen Ergebnisses (seitliche Drehung der Hüfte) zur Entscheidung über die Wirksamkeit zurückzuführen sein. Warum denken Sie dann, dass Nitisinon nach wie vor der richtige Weg ist und warum ist Ihr Ansatz besonders innovativ? DevelopAKUre kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Als wir das Projekt starteten, waren die Mängel in der vorhergehenden Nitisinon-Studie verstanden worden und dem Design von DevelopAKUre kamen weitere Aktivitäten zugute: eine systematische Maßnahme zur Identifizierung von mehr Patienten mit AKU (wir hatten einen Pool von mehr als 500 Patienten, auf die wir zurückgreifen konnten); die Tatsache, dass Nitisinon abgesehen von der HGA-Absenkung auch den grundlegenden Prozess stoppt oder verhindert, der für schwerwiegende Multisystemmorbidität (ochronotische Pigmentbildung) verantwortlich ist; die bessere Charakterisierung des natürlichen Verlaufs von AKU dank einer klinischen Studie, die wir durchgeführt hatten; und die Entwicklung einer globaleren und sensibleren Messung der Nitisinon-Wirkung über den AKU Severity Score Index oder AKUSSI. Das Design von DevelopAKUre beinhaltete zudem eine robuste Dosis-Wirkungs-Studie bei AKU, und die überaus wichtige Frage, wann im Lebenszyklus eines AKU-Patienten mit der Nitisinon-Behandlung begonnen werden sollte, wurde ebenfalls berücksichtigt. Was sind Ihrer Meinung nach Sie die bislang wichtigsten Ergebnisse des Projekts? Das DevelopAKUre-Projekt läuft noch und eine unserer drei Studien wird 2019 nach einer statistischen Analyse abgeschlossen. Unsere erste Studie – SONIA 1 (Suitability of Nitisinone In Alkaptonuria 1) – bei der Nitisinon in flüssiger Form angewandt wurde, ist jedoch bereits abgeschlossen. Die wichtigste Schlussfolgerung hierbei lautet, dass sich eine Dosis mit 8 mg am effektivsten erwies, da dies bei allen Patienten nahezu zu einer HGA-Normalisierung führte. SONIA 1 half uns zudem dabei, erstmals die Pharmakokinetik und Pharmakodynamik von Nitisinon bei AKU zu verstehen. Dank eines 24-stündigen Profilings der Metaboliten des Tyrosin-Signalwegs, der Charakterisierung der renalen Bewältigung von Metaboliten und einer Quantifizierung der Tyrosin-Menge, die täglich in ochronotische Pigmente umgewandelt wird, wird der Stoffwechselzustand von AKU vor und nach Nitisinon jetzt besser verstanden. Unsere andere abgeschlossene Studie ist SOFIA (Subclinical Ochronosis Features In Alkaptonuria). SOFIA hat gezeigt, dass die Ochronose, das wichtigste pathophysiologische Ereignis bei einer AKU, vor dem 20. Lebensjahr auftreten kann. Andere Merkmale von AKU wurden auch früh im Leben festgestellt und im Vereinigten Königreich wird man bald mit einer pädiatrischen Folgestudie beginnen. Hierdurch werden wir besser verstehen, ob Patienten, die jünger als 16 Jahre sind, Nitisinon verabreicht werden sollte. Die längste Studie – SONIA 2, eine vierjährige Nitisinon-Ergebnisstudie – wird die klinische Phase im Januar 2019 abschließen. Über Januar 2019 hinausgehende Datenanalysen werden klären, ob auch die klinischen Ergebnisse von Nitisinon profitiert haben und den Weg für eine Anwendung zur Marktzulassung ebnen. Wie war das bisherige Feedback der Europäischen Arzneimittel-Agentur? Eine der wichtigsten Aktivitäten, die sich wahrscheinlich auf das Ergebnis von DevelopAKUre auswirkt, war die Vorstudie mit der EMA. Die EMA erkannte die Wichtigkeit von HGA als klinisches Merkmal bei AKU an, und unterstützte und ermöglichte unser klinisches Programm. Was sind Ihre Folgepläne? Sobald alle Daten aus unseren Studien analysiert wurden, werden wir entscheiden, ob eine Marktzulassung für eine Anwendung beantragt wird oder nicht. Vorausgesetzt, dass die EMA die Zulassung billigt, sollen dem nationale Verfahren zur Preisfindung und Erstattung folgen.
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