Neuartige graphenbasierte Materialien
Die weitläufige Begeisterung über die Anwendung von Graphen in der Industrie ist durch die hohen Kosten, Skalierbarkeit und Qualitätsengpässe getrübt worden. Es wurden verschiedene Methoden geprüft, die entweder zu Mängeln in dem daraus resultierendem Material führen oder deren Ausbeute mangelhaft ist. Es gibt demzufolge einen dringen Bedarf für die Herstellung qualitativ hochwertigen Graphens im großen Maßstab, das neue Funktionalitäten aufweist. Das „Functional Foams and Coatings Work Package“ unter der Leitung von Prof. Xinliang Feng von der Technischen Universität Dresden in Deutschland ist auf die chemische Verarbeitung und funktionale Anwendung von Graphen und graphenverwandten Materialien fokussiert. „Unsere Ziele sind die Herstellung poröser Strukturen wie Schäume und Membranen, vor allem für die Filtration, sowie funktionale dünne Schichten für verschiedene Anwendungen“, erklärt Dr. Martin Lohe, Gruppenleiter Innovation und Industrie an der Universität Dresden. Maßstabsvergrößerung der Graphenproduktion Forscher entwickelten erfolgreich ein Verfahren für die Graphenproduktion im Labor, das auf elektrochemischer Exfoliation basiert. Hierbei wird qualitativ hochwertiges Graphen mit einer wesentlich besseren Ausbeute hergestellt. Das Verfahren beinhaltet die Verwendung eines Elektrolyten und elektrischen Stroms, um die strukturelle Ausdehnung unter Umgebungsbedingungen innerhalb von Minuten oder Stunden zu erreichen. Die elektrochemische Exfoliation ist zudem umweltschonend und an natürliche Kohlenstoffressourcen anpassbar. Der wichtigste Vorteil dieser Methode ist, dass Graphen mit feineinstellbaren Eigenschaften einfach hergestellt werden kann, indem das Ausgangsmaterial und die Prozessbedingungen geändert werden. Infolgedessen kann das Graphen je nach Anwendung maßgeschneidert hergestellt werden. Die Wissenschaftler mussten bestimmte Hindernisse überwinden, die vor allem damit verbunden sind, dass qualitativ hochwertiges Graphen dazu neigt, sich wieder aufeinanderzustapeln. Um dieses Problem anzugehen, wurden Funktionalisierungsagenzien verwendet, die zu überaus leitfähigem, aber dennoch wasserlöslichem Graphen führten. Dieser Ansatz verbesserte gleichzeitig die Ausbeute und Materialstabilität. Neuartige Graphenanwendungen Die Funktionalisierung von Graphen macht das Material für ein breites Anwendungsspektrum, darunter die Photokatalyse in Innen -und Außenbereichen, Entsalzung und Reinigung, Energiespeicherung und chemische Sensoren, geeignet. Die Partner des „Functional Foams and Coatings Work Package“ haben Graphentinte produziert, die in vollständig gedruckten Sensoren und Energiespeichern verwendet werden. Zu neuen Anwendungsmöglichkeiten des Graphens und der graphenverwandten Materialien von Graphene Flagship zählen Wasseraufbereitungsstrategien wie beispielsweise Filtration und Entsalzung. Letztgenannte stellt eine nachhaltige sowie energie- und kosteneffiziente Herstellung von sauberem Wasser aus Brackwasser- und Meerwasserquellen in Aussicht. Graphen und graphenverwandte Materialien eignen sich auch für Katalysatorsysteme zur Wasserstofferzeugung und in Schaumform für Beleuchtungszwecke und als schnelle Heizelemente. Graphen wird auch verwendet, um die Fähigkeit von Titanoxid zum Abbau bestimmter Schadstoffe zu erweitern. Graphen-Zement-Verbundstoffe mit Titanoxid können als photokatalytische Beschichtungen in intelligenten Gebäuden verwendet werden, die Luft in unseren Städten säubern und Wasserschadstoffe vernichten können. Die zahllosen wissenschaftlichen Erfolge des Arbeitspakets werden durch die Anzahl von Patentanmeldungen, Auszeichnungen und wissenschaftlichen Publikationen verdeutlicht. Es ist beachtenswert, dass 25 aktuelle Kooperationen mit industriellen Partnern und zwei Spin-off-Unternehmen entstanden, welche für die Vermarktung der Produktionsmethoden und der graphenbasierten Produkte werben. Die im Rahmen des Arbeitspakets erzielten Ergebnisse und Nanoverbundmaterialien werden zudem mit anderen Abteilungen der „Graphene Flagship“-Initiative geteilt, um diese in Bereichen wie gedruckter Elektronik, Sensoren, Brennstoff- und Solarzellen in funktionsfähige Komponenten zu verwenden. Hierdurch werden Graphenanwendungen über den aktuellen Stand der Technik hinaus vorangebracht. In Bezug auf die elektrochemische Exfoliation und Funktionalisierung von Graphit ist Prof. Feng zuversichtlich, dass „dies zur Überwindung der Kluft zwischen Werkstoffkunde und praktischer Anwendung beitragen wird“.
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