Lebensführung beeinflusst, wie wir Informationen im Gehirn speichern
Ein Forschungsteam führte die erste Studie durch, mit der eine Verbindung zwischen dem Arbeitsgedächtnis eines Menschen und dessen körperlicher Gesundheit und Lebensführung gezogen wird. Mit dem Arbeitsgedächtnis speichern, aktualisieren und verändern wir Informationen, die für ein bestimmtes Ziel von Bedeutung sind. Es ist ein zentraler Aspekt der Studie für kognitive Neurowissenschaft, da es für den Umgang mit aktuell benötigten Informationen und die kognitive Kontrolle zuständig ist und so einen Großteil unseres komplexen Verhaltens erst möglich macht. Das Arbeitsgedächtnis unterstützt noch weitere kognitive Fähigkeiten höherer Ordnung, darunter die fluide Intelligenz – die Fähigkeit zur Vernunft und zur Lösung komplexer Aufgaben unabhängig von bereits erlangtem Wissen – sowie das Lernen, Lösen von Problemen, Treffen von Entscheidungen und einige mentale Vorgänge niedrigerer Ordnung. Um zu seinen Ergebnissen zu kommen, beobachtete das Konsortium von Forschern, die aus der ganzen EU und Partnerländern stammen, die Hirnaktivität von über 800 Menschen, während diese bestimmte Aufgaben ausführten, sodass eine Karte des Arbeitsgedächtnis erstellt werden konnte. Anschließend nutzten die Forscher ein statistisches Verfahren namens „kanonische Korrelation“, um diese Karte mit 116 Kennwerten der kognitiven Leistung, körperlichen und geistigen Gesundheit, der Persönlichkeit und des Lebenswandels in Beziehung zu bringen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden in der Fachzeitschrift „Molecular Psychology“ veröffentlicht. In der wissenschaftlichen Arbeit merken die Forscher an, dass „fluide Intelligenz die stärkste positive Korrelation mit Neuroimaging-Phänotypen der Funktion des Arbeitsgedächtnisses aufwies“. Diese Erkenntnis vertieft unser Verständnis davon, wie fluide Intelligenz und Arbeitsgedächtnis ineinandergreifen. Ihre Ergebnisse zeigen, dass selbst dann, wenn mehrere andere Variablen berücksichtigt werden, die fluide Intelligenz noch immer stark mit der funktionalen Integrität des Netzwerks des Arbeitsgedächtnisses korreliert, was nahelegt, dass diese beiden kognitiven Strukturen auf den gleichen neurologischen Mechanismen beruhen. Die Forscher wiesen Zusammenhänge zwischen dem Arbeitsgedächtnis und einer höheren körperlichen Ausdauer und einer besseren kognitiven Leistung nach. Im Gegenzug konnte auch der umgekehrte Zusammenhang zwischen weniger positiven Faktoren wie einem hohen Body-Mass-Index und Verhaltensweisen wie Rauchen und übermäßigem Alkoholkonsum beobachtet werden. Diese Ergebnisse unterstreichen auch die Bedeutung verhaltensbezogener Gesundheitsfaktoren für Neuroimaging-Studien zum Arbeitsgedächtnis und liefern einen Rahmen für individualisierte und öffentliche gesundheitliche Interventionen in Bezug auf geistige Gesundheit, die auf die Neurowissenschaft gestützt sind. Die Studie wurde unter dem Projekt IMAGEMEND (IMAging GEnetics for MENtal Disorders), einem breit angelegten Projekt mit Schwerpunkt auf Schizophrenie, bipolarer Störung und Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, mit EU-Geldmitteln unterstützt. Geistige Erkrankungen sind in Europa die führende Ursache für Behinderungen, Fehlzeiten am Arbeitsplatz und Frühverrentung. Im Projekt wurde der größte Datensatz Europas zusammentragen, der Informationen zu Neuroimaging, Genetik und Umgebung sowie kognitive und klinische Daten zu 13 000 Personen in sich vereint, um die Eigenschaften von Patienten zu ermitteln, die für die Behandlung am bedeutendsten sind. Es ist außerdem darauf gerichtet, Biomarker und Entscheidungsrichtlinien abzuleiten, die zu automatisierten, bildbasierten diagnostischen und prädiktiven Tests führen, die speziell zur Verteilung in standardmäßigen klinischen Umgebungen in ganz Europa entwickelt wurden. Weitere Informationen: Projektwebsite CORDIS-Projektseite
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