Autonomer Roboter sagt zukünftigen Ertrag voraus
Auf einem Markt, auf dem Qualität zunehmend oberste Priorität hat, kann europäischen Weinproduzenten mit VINBOT (Autonomous cloud-computing vineyard robot to optimise yield management and wine quality) ein Wettbewerbsvorteil verschafft werden. Mit genaueren Vorhersagen können auch fundiertere Entscheidungen getroffen werden – daher kann der autonome Roboter mit seinem Sensornetz den Traubenertrag prognostizieren, wesentliche Eigenschaften der Rebstöcke erkennen, Karten erstellen und diese Daten über die Cloud freigeben. André Barriguinha, CEO von Agri-Ciência und Leiter für die an das Projekt anschließende Vermarktung von VINBOT, spricht über die Projektergebnisse und die Pläne für die zukünftige Arbeit. Welche spezifischen Herausforderungen sollen mit VINBOT in Angriff genommen werden? VINBOT kann sich autonom über den Weinberg bewegen, ohne dass er von einem Menschen bedient werden muss. Zur Navigation, Lokalisation und Datenerhebung ist er mit einem Sensorsystem ausgestattet und zeichnet mit einer einzelnen Kamera Bilder von den Rebstöcken auf. Mithilfe von Algorithmen findet er auf den Bildern dann die Trauben und Rispen und errechnet den zu erwartenden Ertrag. Ein solches Produkt ist bisher noch nicht auf dem Markt erhältlich: Derzeit gibt es noch kein Gerät zur Ertragsprognose, weshalb Weinbauern hier von Hand arbeiten müssen, was sehr zeitaufwendig ist und nicht zu sonderlich genauen Ergebnissen führt. Dank VINBOT können Winzer bald auf ein neues Gerät zurückgreifen, mit dem solche Schätzungen so früh wie möglich durchgeführt werden können. Wie kommt es, dass es eine solche Lösung vor VINBOT nicht gab? Es ist sehr schwierig, einen vollständig autonomen Roboter zu entwickeln, der sich innerhalb eines Weinguts zurechtfindet und den Ertrag errechnen kann. Doch VINBOT schafft genau das: autonome Navigation dank eines integrierten GPS-Empfängers und eines 2D-Entfernungsmessers; eine Benutzerschnittstelle, über die einige Wegpunkte und Details der Aufgabenstellung definiert werden können; Komponenten zur Vermessung der Weinreben; eine cloudbasierte Software zur Verarbeitung der Sensordaten, um relevante Informationen zu extrahieren und den Ertrag auf Karten zu visualisieren; sowie eine Web-Anwendung für den Endnutzer, über die sie auf diese Karten zugreifen. Eine der größten Herausforderungen, mit denen wir uns konfrontiert sahen, bestand darin, die Rispen auf dem Weingut mit dem Roboter zu erkennen, vor allem dann, wenn sie von Blättern oder anderen Trauben verdeckt werden und für die Kamera nicht sichtbar sind. Dieses Problem beheben wir derzeit mit Modellen, die auf einer 3D-Rekonstruktion der Weinreben basieren, die mithilfe des Entfernungsmessers erstellt wird. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die VINBOT-Plattform die Eigenschaften der Reben und den Ertrag mit akzeptabler Genauigkeit einschätzen kann. Die Unterschätzung des Ertrags, die hauptsächlich durch Verdeckung von Trauben entsteht, muss noch weiter erforscht werden, um den Algorithmus zu verfeinern. Wir sind zuversichtlich, dass wir die Genauigkeit mit weiteren Forschungen noch steigern können, sowohl durch Arbeit an den Algorithmen für Computersicht als auch durch Verbesserung der Modelle, um die Menge der verdeckten Trauben einschätzen zu können. Um dies umzusetzen, möchten wir ein zweites Projekt starten. Was würden Sie Weinbauern sagen, die sie von den Vorteilen von VINBOT überzeugen möchten? Bei manueller Arbeit sind die Schätzungen sehr ungenau und liegen um etwa 30 % daneben. Wenn sie eine Technologie nutzen könnten, mit der sie diesen Fehler auf 10 % senken können, wäre dies ein erheblicher Vorteil. VINBOT kann ihren Ertrag errechnen, autonom und beinahe in Echtzeit Karten erstellen, die Ausdünnung von Rispen planen, um eine übermäßige Produktion und dadurch niedrigere Weinqualität zu verhindern, sowie die Entscheidungsfindung hinsichtlich Planung und Organisation verbessern. Zu guter Letzt kann er auch die Planung von Einkäufen und Traubenverkäufen, die Preisgestaltung und die Bewirtschaftung der Rebstöcke, die Programmierung von Investitionen und die Entwicklung von Vermarktungsstrategien unterstützen. Haben Sie bereits eine Vorstellung, wie viel die VINBOT-Technologie die Weinbauern kosten wird? Wir glauben nicht, dass sich der Kauf eines VINBOT für die meisten Winzer rechnen würde, da er, wenn er nur zur Ertragsprognose genutzt wird, beinahe das ganze Jahr in ihrer Garage stehen würde. Wahrscheinlich würde er sich für Weinproduzenten mit sehr großen Feldern lohnen, aber vor allem planen wir, den VINBOT über Dienstleister verfügbar zu machen. Außerdem besteht die VINBOT-Technologie nicht nur im Roboter: Sie erfordert einen Server zur Verarbeitung der aufgenommenen Bilder, sodass es für Winzer einfacher und kostengünstiger wäre, ihn über einen Dienstleister zu nutzen. Die finale Version von VINBOT wird einschließlich aller Komponenten zu einem Preis von etwa 30 000 EUR erhältlich sein – da wir die Technologie derzeit aber noch feinabstimmen, könnte dieser Preis noch sinken. VINBOT ist außerdem noch cloudfähig. Warum ist das wichtig? Aufgrund der großen Menge der zu verarbeitenden Daten wird die Cloud zu einer einfacheren und kostengünstigeren Alternative. Der Algorithmus zur Verarbeitung der Bilder wird auf einem cloudbasierten Prozessor gespeichert, sodass sich Winzer nur mit Benutzernamen und Passwort anmelden müssen, um ihre Ergebnisse abzurufen. Sie gehen auch davon aus, dass Winzer ihren Wein dank VINBOT zu höheren Preisen verkaufen können werden. Wie kommt das? Dieser Vorteil entsteht indirekt. Unter Verwendung von VINBOT können bessere Entscheidungen getroffen werden, wodurch sich letztendlich auch die Weinqualität erhöht. Werden Ertragsmanagements und Erntelogistik, Qualität und Homogenität der Frucht, Bewirtschaftung der Rebstöcke, Ausdünnung der Rispen und die differenzierte Ernte optimiert, können Produktion, Vermarktung und Weinverteilung effizienter geplant werden. Theoretisch ermöglicht dies den Weinproduzenten, einen höheren Marktpreis anzustreben, abhängig vom herrschenden Konkurrenzdruck ist dies aber unter Umständen nicht immer realistisch. VINBOT kann jedoch dazu beitragen, die Produktionskosten insgesamt zu reduzieren und somit die Gewinnmarge zu erhöhen. Was sind die wichtigsten Ergebnisse der Feldversuche? Mit dem Verhalten der Roboterplattform sind wir insgesamt sehr zufrieden. Wir sind auf einige Probleme gestoßen, etwa hinsichtlich der Traktion der Räder auf geneigtem Boden sowie aufgrund des Umstands, dass sich unser Roboter ähnlich wie ein Panzer fortbewegt. Wir ziehen jedoch in Betracht, einen weiteren Satz Räder einzubauen, die sich unabhängig voneinander drehen können, um Abhilfe zu schaffen. Die nächste Herausforderung stellen in erster Linie die Software und die Algorithmen dar. Wir müssen noch umfassendere Feldversuche durchführen, die nicht nur auf die Anfertigung von Bildern gerichtet sind, sondern uns auch ermöglichen, die Algorithmen für Computersicht und die Modellierung im Rahmen der Datenverarbeitung zu verbessern. So werden wir feststellen, was genau noch zu tun ist, um bei der Ertragsprognose einen Fehlerbereich von 10 bis 15 % zu erreichen. Vorausgesetzt, Sie erhalten weitere Fördermittel – für welchen Zeitraum setzen Sie die Vermarktung an? VINBOT erreicht derzeit den Technologie-Reifegrad 7. Wir bewerben uns im Rahmen von H2020 um Geldmittel, und wenn wir sie erhalten und die Weiterentwicklung und Validierung wie geplant verlaufen, könnte VINBOT innerhalb von zwei bis vier Jahren auf dem Markt erhältlich sein. Außerdem möchten wir, dass unsere Technologie nicht nur auf Weingütern zum Einsatz kommt – auch Himbeer-Gewächshäuser in Portugal sind an der auf Bildanalyse basierenden Ertragsprognose interessiert. Wir pflegen auch einige Kontakte in die USA und möchten VINBOT dort testen. Zu guter Letzt planen wir überdies die Integration weiterer Sensoren, darunter Umgebungssensoren. VINBOT Gefördert unter FP7-SME CORDIS-Projektseite Projektwebsite
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