Durchbruch beim Quantencomputer als „Heiliger Gral der Wissenschaft“
Bis heute weisen Quantencomputer nur einen Bruchteil der Rechenleistung auf, die sie theoretisch erreichen könnten, was einer potenziellen „Quantenrevolution“ im Wege steht. Nun glauben die Forscher eines internationalen Teams unter der Leitung der Ion Quantum Technology Group der britischen Universität Sussex allerdings, die technischen Probleme gelöst zu haben, welche die Entwicklung leistungsfähigerer Rechner bislang verhinderten. Die Forscher, die ihre Ergebnisse in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlichten, arbeiten nun an einem Prototyp und schätzen, dass in circa zehn Jahren ein komplexer, voll funktionstüchtiger Quantencomputer in Betrieb genommen werden könnte. Ein solches Gerät wäre viele Millionen mal schneller als die besten aktuell eingesetzten Computer, und sein Funktionsprinzip würde auf der Manipulation von Effekten in speziellen Systemen und Materialien beruhen, wobei es mit den feinsten Informationsträgern auf atomarer Ebene arbeiten würde. „Einen Quantencomputer zu bauen, ist tatsächlich der Heilige Gral der Wissenschaft“, sagte der Forschungsleiter Prof. Winfried Hensinger. „Nun veröffentlichen wir einen ganz konkreten Konstruktionsplan für einen großen Quantencomputer.“ Durch Quantencomputer stünde der Menschheit eine Rechenleistung zur Verfügung, die das Leben im 21. Jahrhundert völlig umkrempeln könnte. Neue Heilverfahren könnten entwickelt und Kommunikationsgeräte mit nie dagewesener Leistung hergestellt werden, und mit revolutionären Software-Tools könnten viele der ungelösten Geheimnisse des Universums entschlüsselt werden. „Das Leben wird sich von Grund auf verändern“, sagte Prof. Hensinger. „… das Ganze ist wirklich sehr, sehr spannend … wahrscheinlich ist dies eine der spannendsten Zeiten, in denen man in diesem Forschungsbereich beschäftigt sein kann.“ Das größte technische Hindernis, das dem Quantencomputer im Wege steht, ist die Tatsache, dass bei aktuellen Quantencomputern Laserstrahlen auf einzelne Atome gerichtet werden müssen – und je größer der Computer ist, desto mehr Laser sind erforderlich, was die Fehleranfälligkeit erhöht. Prof. Hensinger und sein Team wandten zur Beobachtung der Atome ein anderes Verfahren an, bei dem ein Mikrowellenfeld und Elektrizität in einer sogenannten Ionenfalle im Mittelpunkt standen. „Wir gehen davon aus, innerhalb von zwei Jahren einen Prototyp ausarbeiten zu können, der sämtliche im Entwurf [der in „Science Advances“ veröffentlicht wurde] angegebene Technologie enthält“, verkündete Hensinger. „Gleichzeitig suchen wir nach einem Partner aus der Industrie, mit dessen Unterstützung wir diesen hausgroßen Rechner auch tatsächlich bauen können.“ Die Forscher schätzen, dass sich die Gesamtkosten für den Bau und die Prüfung des Prototyps auf bis zu 116 Mio. EUR belaufen könnten. Die Universität Sussex war einer der Partner von IQIT, koordiniert wurde das Vier-Jahres-Projekt allerdings von der Universität Siegen. Das übergeordnete Ziel bestand darin, neue Möglichkeiten zur Umsetzung komplexerer quantenphysikalischer Geräte zu finden. Obwohl das Projekt im März 2015 abgeschlossen wurde, diente es Prof. Hensinger und seinem Team bei der Entwicklung der bahnbrechenden Quantencomputer-Blaupause weiterhin als wichtige Säule. Die Weiterentwicklung des Quantencomputers ist nach wie vor ein wichtiges Ziel der EU, und politische Entscheidungsträger sind sich bewusst, dass Durchbrüche in diesem Bereich immens dazu beitragen würden, die Führungsposition Europas in der Forschung zu halten. Insgesamt förderte die EU diesen Bereich mit insgesamt bis zu 550 Millionen EUR, doch wie dieses Projekt hervorhebt, könnte es sich hierbei um äußerst sinnvolle Investitionen gehandelt haben. Weitere Informationen: Projektwebsite Webseite der Ion Quantum Technology Group
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