Kartierung der kortikalen Säulen des Gehirns zur Entwicklung innovativer Schnittstellen zwischen Gehirn und Rechner
Funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT) der kortikale Säulenebene hat bereits zu einem tieferen Verständnis der Frage beigetragen, wie das Gehirn und seine Leistung funktionieren, indem man sich intensiv mit der feinkörnigen funktionellen Organisation in spezialisierten Gehirnbereichen befasst hat. Durch diesen Schwerpunkt hat das Projekt eine neue Forschungsrichtung der „mesoskopischen“ Gehirnabbildung angeregt, die derzeit im Bereich der human-kognitiven und rechnergesteuerten Neurowissenschaften an Fahrt gewinnt. Diese neue Richtung ergänzt die konventionelle makroskopische Gehirnabbildung, bei der die Aktivitäten in Gehinbereichen und großmaßstäblichen Netzwerken gemessen wird. Messung der kortikalen Säulen Kortikale Säulen sind eine Gruppe von Nervenzellen im Gehirn, die von der Spitze zum Boden des Cortex verlaufen und auf dieselbe Stimuluseigenschaft reagieren. Beispielsweise extrahieren die primären visuellen Cortexsäulen kleine Stäbe mit einer bestimmte Orientierung, welche für die Analyse der Form eines Objekts elementar sind. Eine einzelne kortikale Säule enthält Zehntausende von Neuronen, die nur wenigen Zehnteln eines Mikrometers und bis zu 1-2 Millimetern für größere zusammengelegte Säulenstrukturen entsprechen. „Es war sehr schwierig, die kortikalen Säulen mit nichtinvasiver funktionaler Gehirnbildgebung beim Menschen zuverlässig zu messen, doch COLUMNARCODECRACKING hat hier wesentliche Fortschritte gemacht“, so Prof. Dr. Goebel. „Wir haben die Grenzen der Technologie verschoben und neue Paradigmen, Analysemethoden und Modellierungstools entwickelt... Wir haben eine Raumauflösung im Submillimeterbereich erreicht, die es uns erlaubt größere Säulen zu ‘sehen’. Doch wir müssen immer noch die Auflösung verbessern, um feinkörnigere kolumnare Organisationen zu erfassen.“ Nachdem ein 7 Tesla-MRT verwendet wurde, hat das Projekt jetzt damit begonnen, einen der wenigen weltweit vorhandenen 9,4 Tesla-Scanner einzusetzen. Leistungsfähige Gehirn-Computer-Schnittstellen Eine der vielversprechendsten Anwendungen, die aus der Projektforschung hervorgehen können, ist die Schaffung von leistungsfähigen Gehirn-Computer-Schnittstellen (brain-computer interfaces, BCI) mithilfe von Ultra-Hochfeld-fMRT-Messungen (UHF). „Einerseits bietet dies ein herausforderndes Testbett für unser neues Wissen über die Kodierungsprinzipien in Gehirnarealen. Andererseits könnte diese Forschung zu neuartigen Anwendungen für manche Patienten führen, etwa für jene, die in ihrem Körper eingesperrt sind, trotz der beschränkten Verfügbarkeit von UHF-Scannern“, sagte Prof. Dr. Goebel. Das Projekt hat mehrere 7 Tesla fMRT-Studien durchgeführt, um zu testen, ob es möglich ist, BCI zu schaffen, die Informationen auf der Ebene der Säuleneigenschaften nutzen. „Das ist eine extreme Herausforderung, das wir uns nicht auf die Gehirnaktivität durch externe Stimulation konzentrieren, sondern Gehirnaktivitätsmuster als Ergebnis der Vorstellung eines Teilnehmers untersuchen. Das heißt von selbststimulierter Gehirnaktivität“, erklärte Prof. Dr. Goebel. „Wir haben die Teilnehmer gebeten, sich ein Feld mit Punkten vorzustellen, die sich in unterschiedliche Richtungen bewegen. Mit dem 7 Tesla-fMRT konnten wir dann von der geschaffenen Gehirnaktivität im visuellen Cortex tatsächlich dekodieren, in welche Richtung der Teilnehmer sich die Bewegung eines Subjekts vorgestellt hat, ohne einen externen visuellen Stimulus zu zeigen.“ Das ist spannend, da zum ersten Mal ein Hinweis darauf existiert, dass Informationen in Bezug auf Merkmale (in diesem Beispiel verschiedene vorgestellte Bewegungsrichtungen) tatsächlich verwendet werden können um UHF-BCI auf fMRT-Basis zu bauen. Jedoch erkennt Dr. Goebel auch an, dass einige Verbesserungen erforderlich sind, um die Dekodierungsgenauigkeit zu erhöhen, bevor das System an Patienten getestet werden kann. In einer aktuellen Studie testet das Team, ob es möglich ist, 7 TESLA BCI mit höherer Auflösung zu bauen, die es den Probanden erlaubt, Buchstaben zu schreiben, indem sie sich vorstellen, wie die Buchstaben aussehen. Das ist eine Herausforderung, da dafür die Gehirnaktivität entwirrt werden muss, die sich in denselben frühen visuellen Gehirnarealen überlappt. Die ersten Ergebnisse mit vier verschiedenen Buchstaben sind bereits vielversprechend. Allerdings ist noch nicht klar, ob diese Schnittstelle für direkte Buchstabenvorstellung besonders genau sein wird, wenn alle Buchstaben des Alphabets genutzt werden. Künftige Forschungsanstrengungen Während das Projekt bereits spannende Ergebnisse hervorgebracht hat, betont Dr. Goebel, dass noch viel Forschung durchgeführt werden muss. Während das Projekt die kolumnare Organisation in wenigen spezialisierten Gehirnarealen kartiert hat, gibt es mindestens 30 visuelle, auditorische, somatosensorischen und multisensorische Areale auf mittlerer Ebene, in denen die Repräsentationen der Merkmale auf Säulenebene unbekannt sind. Ein Beispiel dafür ist das derzeit unbekannte Merkmal, das vom Bereich, in dem visuell Wörter gebildet werden, genutzt wird, und das beim Lesen aktiv ist. „Ich hoffe, dass meine aktuelle und zukünftige Forschung zu einem tieferen Verständnis davon beitragen wird, wie die visuelle Wahrnehmung und Kognition aus Merkmalsrepräsentationen und deren Interaktionen im Gehirn entstehen“, so Dr. Goebel. Ein solches tiefergehendes Verständnis könnte den Weg für sehr fortschrittliche BCI ebnen, die nicht nur die Behandlung von neurologischen Krankheiten unterstützen können, sondern auch die Fähigkeit der Menschheit, sich organisch mit hochleistungsfähigen Rechnersystemen zu integrieren und zu verbinden, erheblich verbessern wird. Weitere Informationen finden Sie auf der: COLUMNARCODECRACKING CORDIS-Seite
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