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Inhalt archiviert am 2023-03-23

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Bio-Aggregate bilden die Grundlage für eine Revolution bei Baustoffen

„Dank der Bio-Aggregate befinden wir uns an der Schwelle zu einer Revolution bei den Baustoffen.“ Stroh, Lehm, Weizen, Gras oder andere organische Stoffe können, wenn man sie mit innovativen Bindemitteln kombiniert, im Vergleich zu herkömmlichen Baustoffen weniger graue Energie und eine höhere Energieeffizienz bieten – und höheren Komfort.

Mit dem Projekt ISOBIO will man Baustoffe entwickeln, die 50 % weniger graue Energie und Kohlenstoff produzieren und im Vergleich zu herkömmlichen Isolierplatten auf Ölbasis eine um 20 % effizientere Wärmedämmung bieten. Das Projekt soll auch beweisen, dass man über die Lebensdauer eines Gebäudes mindestens 15 % der Gesamtkosten und 5 % der Gesamtenergie einsparen kann. „Wir hoffen, Baustoffe entwickeln zu können, die in jeder Hinsicht wettbewerbsfähig sind“, sagt Dr. Alan Taylor, Projektkoordinator und Technisches Mitglied am britischen The Welding Institute (TWI). „Wir wollen eine Lösung für das ‚Trilemma‘ finden, die Versorgungssicherheit der Werkstoffe zu garantieren, Baustoffe zu entwickeln, die einen echten Wettbewerbsvorteil bieten und Emissionen zu reduzieren.“ Zurück in die Zukunft für Baustoffe ISOBIO begann mit der Identifizierung aussichtsreicher organischer Werkstoffe, die zur Isolierung verwendet werden könnten. Viele davon sind als Abfall oder Nebenprodukte klassifiziert und stammen zum Beispiel aus der Lebensmittelproduktion. Fein zerkleinerte Bio-Werkstoffe wie Hanf und Stroh werden mit hygrothermischen Harzen und Nanopartikel-Gelen behandelt, die sie robuster, atmungsaktiv, feuchtigkeitsbeständig und feuerhemmend machen. Die Bio-Aggregate sind in der Regel das Ergebnis einer Kombination aus organischen und anorganischen Stoffen: Das organische Material kann beispielsweise natürliche isolierende Eigenschaften aufweisen, während das anorganische Material das resultierende Bio-Aggregat robuster macht. Es ist jedoch nicht immer leicht, organische und anorganische Materialien zu verbinden. Hanf wird zum Beispiel mit Kalkmörtel kombiniert, jedoch weisen die beiden Werkstoffe einen Grad an chemischer Unverträglichkeit auf, der zu einer Verringerung der Festigkeit des Verbundwerkstoffes führen kann. Um dieses Problem zu lösen, setzen die Forscher in ISOBIO Nanotechnologie ein, um die Grenzflächenfestigkeit zwischen den beiden Werkstoffen zu erhöhen, wodurch das resultierende Verbundmaterial verbesserte mechanische und strukturelle Eigenschaften erhält. Nicht nur eine bessere Mausefalle: erhöhter Komfort Die neuen Werkstoffe verbessern nicht nur die Leistung der herkömmlichen Materialien, sie bieten auch neue Funktionen. Hanfsplitter, die den Kern des Hanfstiels ausmachen, weisen zum Beispiel eine poröse Struktur auf, die als Nässepuffer wirkt und die Feuchtigkeit auf einem konstanteren Niveau hält. „Aus psychologischer Sicht mögen die meisten Menschen langsame Veränderungen“, erklärt Dr. Taylor. „Die meisten herkömmlichen Werkstoffe tragen jedoch zu großen Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen im Laufe des Tages bei, und sie produzieren kalte und warme Zonen in einem Gebäude.“ Dr. Taylor zufolge haben die neuen Baunormen und Techniken zur Senkung des Energieverbrauchs die Lage eher verschärft. „Wir bewegen uns hin zu fast hermetisch abgedichteten Gebäuden. Doch die Beseitigung von Ritzen und Zugluft hat zu einer rauen Umgebung geführt, in der sich Menschen möglicherweise nicht wohl fühlen“, meint er. Das richtige Gleichgewicht Die neuen Verbundwerkstoffe können mehr Komfort bieten, müssen aber mindestens genauso stabil wie herkömmliche Materialien sein. Um die Bio-Aggregate auf Hanfbasis beispielsweise wasserabweisend zu machen, wenden die Forscher in ISOBIO hydrophobe Behandlungen an. Das Ergebnis sieht so aus: Wasserdampf kann in das Material eindringen und wieder hinausgelangen, aber es lässt kein Wasser in flüssigem Zustand durch. „Wir bemühen uns, das empfindliche Gleichgewicht zwischen dem richtigen Maß an Beschichtung für die Hanfsplitter und dem Erhalt einiger ihrer inhärenten Eigenschaften wie der Porosität zu finden“, erklärt Dr. Taylor. Auf dem Weg zum Mainstream Die Forscher von ISOBIO haben gemerkt, dass sie, um die herkömmlichen Baustoffe zu ersetzen, Produkte anbieten müssen, die nicht nur technisch, sondern auch wirtschaftlich vorteilhaft sind. „Eine wesentliche Frage lautet: Wie passen wir die Werkstoffe an den bestehenden Produktionsprozess für konventionelle Werkstoffe an?“, meint Dr. Taylor. Um hierauf eine Antwort zu finden, werden im Rahmen von ISOBIO Werkstoffe hergestellt und Versuche an einer Reihe im großtechnischen Maßstab angelegter Vorzeigemodelle durchgeführt. Man will in ISOBIO auch dafür sorgen, dass die Energieeffizienz quantifizierbar ist, so dass die neuen Produkte mit herkömmlichen verglichen werden können. Im Rahmen der Lebenszyklusanalyse untersucht man im Projekt mehr als 100 existierende Werkstoffe. Trotz dieser Bemühungen bleiben Wahrnehmung und Bewusstsein die größten Herausforderungen. „Es kann sein, dass ein Einkaufsleiter die Betriebskosten gar nicht berücksichtigt und das Wärmeverhalten eines Gebäudes oder die Energie, die für seinen Bau benötigt wurde, ignoriert“, erklärt Dr. Taylor. „Wir müssen uns von der Haltung ‚Das ist das Billigste‘ entfernen und die gesamten Lebenszykluskosten berücksichtigen. Darüber hinaus müssen die Bauträger deutlicher auf die neuen Werkstoffe aufmerksam gemacht werden“, fügt er hinzu. Die Suche nach einem Markt Trotz aller Probleme sieht der Markt für die Verbundwerkstoffe von ISOBIO vielversprechend aus. Auf der Angebotsseite kann man durch die Beschaffung organischer Werkstoffe die Transportkosten verringern. Zudem hilft der Einsatz von Abfällen oder Nebenprodukten dabei, die Kosten für das Endprodukt zu kontrollieren. Auf der Nachfrageseite glaubt Dr. Taylor, dass die demografische Entwicklung zu einem Mangel an Wohnraum führen wird, insbesondere an bezahlbarem Wohnraum. „Wenn man neuen und erschwinglichen Wohnraum zur Verfügung stellen will, braucht man neue Bauweisen und Konzepte, die schneller zu realisieren sind“, behauptet er.

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