Hoffnung für Millionen von Schmerzpatienten
Die Degeneration von Knorpelsubstanz, dem weichen Gewebe in den Gelenken, ist ein Hauptgrund für chronische Schmerzen, Mobilitätsverlust und geringerer Lebensqualität für Millionen Europäer. Derzeit gibt es keine klinische Therapie, die Knorpeldefekte komplett heilen könnte, und heutige Knorpelimplantate ersetzen die normale Knorpelfunktion nicht adäquat. Daher ist die Knorpelregeneration anstelle der Reparatur auch weiterhin schwer erreichbar. Angesichts einer alternden Bevölkerung ist das ein wichtiges Gesundheits- und Kostenproblem für ganz Europa. Das fünfjährige, durch die EU finanzierte Projekt HYDROZONES, das im Januar 2013 auf den Weg gebracht wurde und mit 9,7 Mio. EUR an EU-Mitteln gefördert wird, will eine wichtige Rolle bei der Bewältigung dieser Herausforderung spielen. Das Projekt will das durch die Regenerierung von Knorpel durch biofunktionale Hydrogelimplantate erreichen, welche die Struktur und Funktion des menschlichen Gewebes genau nachahmen. Das Team glaubt nun, den Durchbruch erzielt zu haben. Die Validierung der ersten Hydrogelfaserverbundwerkstoffe weist darauf hin, dass der neue Ansatz nicht nur die Reparatur von Gelenken ermöglicht, sondern auch in anderen Bereichen angewendet werden kann, wie bei der Rekonstruktion der Brust nach einer Amputation im Zuge einer Krebstherapie und für die Züchtung von Herzgewebe. Das Projekt begann mit der Untersuchung existierender Knorpelimplantate. Ein wichtiges Problem war dabei, dass diese Implantate die hierarchische Gewebeorganisation, von denen die Wissenschaftler glauben, dass diese für eine normale Knorpelfunktion ausschlaggebend ist, nicht nachahmen. Das Projektteam entwickelte dann neue Implantate, die das Verhalten und die Struktur menschlichen Gewebes nachahmen und die aktiv die natürliche Regenerierung von Gewebe anregen. Für die Regeneration von Knorpel sind Flexibilität und Steifigkeit wichtig. Daher untersuchten die Forscher von HYDROZONES die Möglichkeit, Mikrofasergerüste aus dem 3D-Drucker und Hydrogelen miteinander zu kombinieren. Dazu verwendete das Projekt eine neue 3D-Drucktechnik, die mehr Freiheit bei der Gestaltung von Gerüsten bietet und damit die Heilung und das Wachstum von neuem Gewebe fördert. Diese Technik ermöglicht es den Forschern, die Art und Weise, wie die Natur Gelenkknorpel aufbaut, genauer nachzuahmen, was heißt, dass ein biokompatibles Hydrogel mit einem Netz aus sehr dünnen Fasern verstärkt wird. Die mit dieser Technik hergestellten Gerüstfasern können bis zu fünf Mikrometer im Durchmesser dünn sein. Gegenüber herkömmlichen Methoden sind die Fasern damit 20-mal dünner. Die bisher untersuchten Materialkombinationen zeigten eine zu Kniegelenks-Knorpelgewebe vergleichbare Elastizität und Steifigkeit sowie die Fähigkeit, das Wachstum menschlicher Knorpelzellen zu unterstützen und diese miteinander zu verbinden. Die Implantate werden nun streng getestet. Modernste 3D-Gewebemodelle und Bioreaktortechnologien werden gemeinsam mit Computermodellierung genutzt, um ein prädiktives In-vitro-Assay- und Testsystem zu entwickeln, welches anschließend anhand von biologischen Daten getestet wird. Die Mitarbeiter aus Australien, Deutschland, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich haben ihre Expertise zu diesem Projekt beigetragen. Entwurf, Herstellung und mechanische Prüfung der Hydrogelfaserverbundwerkstoffe wurden durch Studien des Kniegelenkknorpelgewebes, Experimente mit der Züchtung menschlichen Knorpelgewebes und Computersimulationen ergänzt. HYDROZONES wird Ende 2017 beendet sein und hat bereits dazu beigetraten, die Spitzenposition der EU im Bereich der Regeneration von Knorpelgewebe zu sichern. Das Team hofft, dass es die positiven Auswirkungen dieses neuen Ansatzes in anderen Bereichen der medizinischen Forschung, wie bei der Brustrekonstruktion und Züchtung von Herzgewebe, nachweisen kann. Weitere Informationen sind abrufbar unter: HYDROZONES http://www.hydrozones.eu/
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