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Thermalization of out-of-equilibrium quantum matter

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Quantenteilchen in Bewegung: Neue faszinierende Hinweise auf kollektive Reaktion auf schwache Kräfte

In der makroskopischen Welt ist der Verfall unerbittlich: So ist es zum Beispiel unmöglich, ein zu Bruch gegangenes Glas aus seinen Scherben zusammenzusetzen. Im Rahmen EU-finanzierter Forschung wurde nun demonstriert, dass thermodynamische Prozesse in Vielteilchen-Quantensystemen unter bestimmten Umständen mit unserer Alltagserfahrung übereinstimmen – denn sie sind irreversibel.

In der Natur sind kollektive Bewegungen in sämtlichen Größenordnungen allgegenwärtig: vom Schwarm von Staren über Fischschwärme bis hin zu ausschwärmenden Bakterien. Diese Tiergruppen erscheinen wie eine einzige große Einheit, die von einem kollektiven Geist gesteuert wird. Ausgehend von der Übertragung dieser Analogie in das Reich der Physik wird in der statistischen Mechanik intensiv das Wechselspiel zwischen mikroskopischer und makroskopischer Welt untersucht, denn einfache Wechselwirkungen zwischen mikroskopischen Bestandteilen können durchaus die messbaren Eigenschaften makroskopischer Systeme erklären. Ist man jedoch erst einmal in der Größenordnung der Nanometer angekommen, nimmt die bizarre Welt der Quantenmechanik überhand. Beispielsweise können aufgrund von Fraktionalisierung die kollektiven Anregungen eines Systems nicht als Kombinationen seiner elementaren Bestandteile gebildet werden. Es wurden zwar mehrere Verfahren entwickelt, um ähnliche Phänomene in Gleichgewichtssystemen zu erforschen, aber ihre Untersuchung gestaltet sich bei Anordnungen außerhalb des Gleichgewichts weitaus schwieriger. Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts ThermOutOfEq wurden technische Anordnungen entwickelt, um das theoretische Verständnis kollektiver Phänomene in der Größenordnung von Nanometern zu verbessern. Es erarbeitete außerdem theoretische Ansätze zur Untersuchung des Verhaltens chaotischer Systeme.

Auf dem Zeitpfeil nach vorn

Das Forschungsteam beschrieb Ergebnisse, welche die reversible und irreversible Natur der Quantendynamik unter schwachen Antriebskräften zeigen. Der Einsatz von Matrixproduktzuständen unterstützte die Analyse des quantenmechanischen Heisenberg-Spinkettenmodells. Dieses beliebte Modell beschreibt die Wechselwirkungen magnetischer Spins in eindimensionaler Aufreihung, wobei seine Eigenschaften im Gleichgewicht genau berechnet werden können. Auch wenn es sich bei den mikroskopischen Komponenten um individuelle Spins handelt, entsprechen kollektive Anregungen den Spinwellen. Letztere verhalten sich im Wesentlichen wie Teilchen: Treffen sich zwei gegenläufige Spinwellen, so können sie sich zu einem „gebundenen Zustand“, einem größeren „Teilchen“, vereinigen. Paarweise gebundene Zustände können gleichermaßen interagieren und dabei ein komplexes Spektrum von „Teilchen“ unterschiedlicher Größe erzeugen. „Um die Dynamik von Spinwellen und ihre aus dem Gleichgewicht geratenen gebundenen Zustände noch besser zu verstehen, haben wir einen Aufbau vorgeschlagen, bei dem ein Magnetfeld die Teilchen beschleunigt. Wir konnten beobachteten, dass einige gebundene Zustände nicht stabil sind, wenn sie sich allzu schnell bewegen. Es gibt eine kritische Geschwindigkeit, bei der sie in kleinere Teilchen zerbrechen“, erklärt Projektkoordinator Andrea De Luca. Außerdem wurde im Rahmen der Forschung festgestellt, dass es nur eine Möglichkeit gibt, einen gebundenen Zustand zu bilden, sobald zwei oder mehr Spinwellen miteinander verschmelzen. So ist beispielsweise die Energie des gebundenen Zustands völlig unveränderlich, da die Energieerhaltung gilt. Wird jedoch im Gegensatz dazu ein gebundener Zustand durchbrochen, gibt es viele Möglichkeiten, seine Energie auf die entstehenden Teilchen zu verteilen. „Diese Art von ‚Informationsmangel‘ ist der Ursprung der Erzeugung von Entropie und Irreversibilität. Wir haben festgestellt, dass das System, bevor die Spinwellen eine kritische Geschwindigkeit erreichen, vollständig reversibel ist: Sobald wir das Magnetfeld umkehren, kehren die Spinwellen in ihren Ausgangszustand zurück. Überschreiten sie die kritische Geschwindigkeit, existiert keine Erinnerung an die aufgebrochenen gebundenen Zustände“, fügt De Luca hinzu.

Zufallsmatrizen und Quantenchaos

Zu verstehen, wie sich das Chaos in der gleichmäßigen und wellenförmigen Natur von Quantenphänomenen manifestiert, ist eine echte Herausforderung. „In der klassischen Welt könnte eine kleine Störung in der Bewegung des Teilchens (der Kugel) beim Billard eine große Veränderung auf seiner Laufbahn verursachen. Im Reich der Quanten ist es aber unmöglich, für die Quantensysteme irgendwelche Bahnen zu definieren. Das Einzige, was wir wissen, ist, dass sich chaotische Quantensysteme statistisch betrachtet wie Zufallsmatrizen verhalten“, erläutert De Luca. Anhand einer Zufallsschaltung gemäß dem Satz von Floquet bestätigte die Forschung diese seit langem bestehende Vermutung. Es gelang, ein exakt lösbares Beispiel für ein quantenmechanisches und chaotisches System mit vielen Freiheitsgraden anzugeben und nachzuweisen, wie Chaos- und Zufallsmatrixverhalten gemeinsam auftreten.

Schlüsselbegriffe

ThermOutOfEq, Spinwellen, gebundener Zustand, irreversibel, kollektive Anregungen, außerhalb des Gleichgewichts, Quantenchaos, Heisenberg-Spinkettenmodell, Floquet

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